The Arcade Fire Demo-EP


arcade fire epJeder mir bekannte Live-Mitschnitt eines Arcade Fire-Konzerts der letzten Mai-Tour hatte neben den jedem und jeder im Saal bekannten Songs von »Funeral« auch mindestens zwei weitere Songs, die die rätselhaften Namen »Old Flame« und »No Cars Go« trugen. Auch in Wien war es nicht anders, und die angesprochene, von Arcade Fire 2003 in einem Schuppen zu Demozwecken selbst produzierte EP war wenige Minuten nach Konzertende ausverkauft. Es blieb ein schales, ungewisses Fragezeichen, da waren also diese Songs, die aus einem anderen Universum als »Funeral« kamen, einen gänzlich anderen Status hatten als der Wahnsinn, den »Funeral« auf sich vereinte. Neben der unfassbaren Live-Performance des Kollektivs aus Kanada war diese kleine Scheibe das Einzige, das uns beweisen konnte, dass »Funeral« keine Eintagsfliege ist, sondern dass diese Band auch mehr als ein Album auf dem Niveau verbringen kann.

Und diese besagte Demo-EP bringt alles in allem sieben Beweise, dass sie es kann. Sieben weitere, kleine Perlen, Stücke der großen Tragödie und der kleinen Wunder, des leichten Wahnsinns und der erschütternden Präzision, sieben weitere kleine Meisterwerke, die sich nicht scheuen trunken und betrunken auszuteilen, was »between the click of the light and the start of the dream« passiert. Die »Neighborhood« als ex- und implizites Thema fehlt, Bewegung und Familie scheint hier zentraler zu sein. Und die auf »Funeral« vielleicht erahnten Berührungen mit Broken Social Scene werden mit dem weihnachtlich-ekstatischen Stimmen-Fiasko »Headlights Look Like Diamonds«, welches Anfangs erstaunliche Parallelen zu »Almost Crimes« aufweist, konkretisiert. Wo die Ziehharmonika stärker in den Vordergrund rückt, ist das Weiterdenken zu »Laika« erfühlbar, und dass Regine öfter singt ist einer der vielen Gründe, warum diese EP gegenüber »Funeral« ganz eigenständig angesehen werden kann. Mal ehrlich: wäre es »nur« ein Anhängsel oder ein Rohentwurf davon, wäre es schon großartig, oder? Eben.

Die schön unüberladene Produktion, das perfekt-simple Songwriting, die abgrundtiefen Texte fügen diesem kanadisch-vielköpfigen Universum mit jedem Song eine neue Zwiebelschale hinzu, und lassen mit jedem Durchlauf mehr staunen, dass sich bis zum »Funeral«-Hype niemand finden wollte, der diesen sieben Songs den Weg hinaus in die Welt ebnen wollte. Auf der anderen Seite war es vielleicht auch besser so, wer weiß. Aber nur noch eins: Wären die beiden live erprobten Songmonumente »Old Flame« und »No Cars Go« zusammen mit dem dritten, »Headlights Look Like Diamonds«, auch auf »Funeral« zu finden gewesen, dann müsste selbiges verboten werden, so gut wäre es. Die anderen vier Stücke sind nur genial, leider.

VÖ: 13.06.2005 auf Merge/Rough Trade
INFO: www.arcadefire.com
MP3: Headlights Look Like Diamonds, Old Flame, I'm Sleeping In A Submarine

Prix Goncourt 2004



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Laurent Gaudé wurde letztes Jahr für seinen Roman Le Soleil des Scorta mit dem Prix Goncourt, dem renommiertesten Literaturpreis Frankreichs, ausgezeichnet. Gaudé hat neben einigen Theaterstücken zwei weitere Romane geschrieben, Cris (2001) und La Mort du Roi Tsongor (2002), für den er mit dem Prix Goncourt des Lycéens und dem Prix des Libraires (Preis der Buchhändler) bedacht wurde. La Mort du Roi Tsongor wurde in ein Dutzend Sprachen übertragen.

Le Soleil des Scorta ist eine Familiensage, die ein Jahrhundert umspannt und im Süden Italiens, in Apulien, spielt. Die sengende Sonne, die karge Erde und die Armut des kleinen Küstendorfes Montepuccio bestimmen das Leben der Einwohner.

Die Geschichte nimmt mit Luciano ihren Lauf, der nach fünfzehn Jahren Gefängnis 1875 zurück nach Montepuccio kommt und die Schwester seiner ehemaligen Geliebten schwängert. Luciano wird von der Dorfgemeinschaft gesteinigt, sein Sohn Rocco wächst zu einem Verbrecher heran, der sich als Geißel des Dorfes sieht. Auch er wird Kinder zeugen, unter ihnen Carmela, die den Text als Erzählstimme strukturiert. Die Generationen der Scorta lösen einander ab, doch eines verbindet sie: ihre Liebe zur kargen Landschaft, die sie bestimmt, und ihre Familienbande. Sie arbeiten hart und werden nie zu Reichtum kommen, doch jede Generation wird für sich behaupten können, dass sie etwas aus dem Nichts aufbauen konnte, dass sie gelebt, geliebt und gearbeitet hat, und dass sie, wenn auch meist nur kurz, Zusammenhalt und Glück verspürte.

Verschiedene Themen durchziehen den Roman: die Religion, verkörpert durch die wechselnden Gemeindepfarrer, die mal verehrt, mal geächtet werden, der kleine Tabakladen der Scorta, der symbolisch für die Vergänglichkeit steht, denn so wie sich eine Zigarette in Rauch auflöst, so bleibt auch von den einzelnen Generationen außer einigen wenigen Erinnerungen nichts zurück, und letztendlich die Reise nach New York, die Carmela mit ihren Brüdern antritt – doch statt ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten aufgenommen zu werden, werden sie zurück geschickt, zurück nach Montepuccio und somit zurück in die Armut.

Für einen Roman, der nur 250 Seiten umfasst, behandelt Gaudé viele Themen, zu viele eigentlich. Nach einem starken Auftakt und einem interessanten und auch psychologischen Ende (mit einem Erdbeben als Metapher) gerät der Text im Mittelteil stellenweise zu flach. Auch die Figuren werden meist nur oberflächlich angerissen, da es derer zu viele gibt. Trotz allem handelt es sich hierbei um einen gut geschriebenen Roman, den man gerne liest. Man spürt die sengende Sonne durch die Seiten scheinen, man fühlt die Kargheit der Natur und kann den gedrungenen Küstenort und seine Einwohner vor sich sehen, doch den Roman mit dem Prix Goncourt auszuzeichnen ist sicher übertrieben.

Laurent Gaudés Roman erscheint im Dezember 2005 unter dem Titel Die Sonne der Scorta auf Deutsch. Ebenso in deutscher Sprache erhältlich: Der Tod des Königs Tsongor. Der Autor wird bei dtv publiziert.
Laurent Gaude: "Le Soleil des Scorta"; Arles : Actes Sud, August 2004 | 246 Seiten; 29,90 Euro; ISBN 2-7427-5141-6 | Amazon.de

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