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Bloß kein Eskapismus


Tilman Rammstedts neuer Roman »Wir bleiben in der Nähe«

»… dass wir uns nie entschieden haben, dass wir immer nur in alles hineingestolpert sind.«

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Ein Text-Hinweis in eigener Sache.

Aus dem literarischen Topos einer Ménage à trois lassen sich spannende Geschichten entwickeln. Von Hemingways Catherine, Marita und David bis hin zu Tuffauts Catherine, Jules und Jim ergeben sich aus dem Sujet einer Dreiecksbeziehung Konstellationen, die gruppendynamische Komplikationen versprechen. Felix sieht das anders: »Ein Dreieck ist schließlich kein sehr gewagtes geometrisches Gebilde.«



weiter …


Tilman Rammstedt: »Wir bleiben in der Nähe«. – Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag, 2005 | geb.; 237 Seiten; 14,50 €; ISBN: 3-832-17939-9 | weitere Informationen und Leseprobe

Der durch die Hölle geht


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Christopher Walken kandidiert für die Präsidentschaftswahlen 2008. Was natürlich Super-Blödsinn ist.

Fahrschule


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...nur ein paar Gründe, warum ich nie den Führerschein machen werde...

erbfeindschaften: top oder flop ?!



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Mit der historisch bedingten Erbfeindschaft zwischen England und Frankreich scheint es doch nicht allzu weit her zu sein. Nachdem sich Peter Mayle in die Provence verirrt hatte, um den Buchmarkt mit kitschigen Erfahrungs-Romanen zu überschwemmen, fühlte sich unter anderen auch Stephen Clarke dazu berufen, die Insel zu verlassen und sich über den Kanal zu bewegen; allerdings Richtung Hauptstadt. Nach zehn Jahren Paris war es denn auch an der Zeit, Resümee zu ziehen und uns über die kulturellen Unterschiede zwischen Franzosen und Engländern aufzuklären.

Clarkes fiktiver Romanheld, Paul West (dessen Name ebenso knackig ist wie der von James Bond), hat einen Einjahresvertrag mit Jean-Marie Martin abgeschlossen, einem Unternehmer, der hauptsächlich in Rindfleisch macht, jedoch eine Kette von Teestuben eröffnen möchte. Paul soll dafür die nötige Schützenhilfe leisten. Zu Beginn läuft noch alles glatt, Paul kommt bei der Tochter seines Chefs unter, Elodie, die – wie alle nymphomanischen Französinnen – nur auf den verklemmte Engländer gewartet hat, um ihn in die französische Liebeskunst einzuweisen (hirnlose Sexpuppen gibt es übrigens zuhauf, und alle landen sie über kurz oder lang in Pauls Bett).

Vom Sex einmal abgesehen erfahren wir, dass in Frankreich, oh Wunder, gerne und viel gestreikt wird, dass das Land von einem Geschwür befallen ist, dem der Korruption, dass ein jeder lieber faul und uneffektiv in seinen Büros abhängt, statt dem angelsächsischen System bzw. Erfolgsweg zu frönen, und dass man nach einem Jahr des Nichtstun besser im August die Stadt verlässt, um aufs Land zu fahren. Erwähnenswert sind natürlich auch all die Hundehaufen, die die Pariser Straßen pflastern und Paul dazu zwingen, Plastiktüten über seine schönen Schuhe zu ziehen, um den Weg zur Arbeit unbeschadet zu überstehen. Dies alles soll komisch anmuten, ist es jedoch nicht oder nur bedingt.

Nachdem Stephen Clarke den Leser in eine Spirale der britischen Comedykunst geprügelt hat, bereitet er den Boden für eine neue Ebene vor: Pauls Chef Jean-Marie entpuppt sich als Schurke numéro un, der den lieben langen Tag Intrigen spinnt, um sich politisch zu etablieren. Paul, der sich, wie es sich für einen integeren Engländer gehört, nicht in Jean-Maries Pläne fügen will, wird gefeuert und beschließt am Ende des Romans, seinen eigenen Teeladen zu eröffnen. Um dieses feine Ziel zu erreichen, zwingt er mittels einer kleinen Erpressung den schurkischen Jean-Marie in die Knie.

Die englische Leserschaft darf sich freuen. Nicht nur dass England letzten Endes doch über das korrupte Frankreich siegt, es darf nun auch auf einen Nachfolgeroman hoffen, in dem sich Paul West über die Tücken der französischen Bürokratie kämpfen muss, um sein finales Ziel zu erreichen: die Infiltration der Baguettes mit englischem Tee!

Der Roman "A Year in the Merde" ist bisher noch nicht auf Deutsch erschienen. Hoffen wir, dass es so bleibt, wir haben schon genug Schrott auf dem Markt. Wer sich allerdings am Strand das Hirn verbrutzeln lassen möchte, ist mit diesem schnöden Schinken gut bedient, unterhaltsam ist er ja schon ein wenig.

Stephen Clarke: “Year in the Merde”. – Black Swan: London 2005 | 383 Seiten; 11,50 € ; ISBN 0-552-77296-8 | Amazon.de

Graphentheorie


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Also das ist echt verrückt! Bin beim Anblick von Level 12 (s.o.) zum Aufgeben gezwungen worden.

Das Unheil, das aus dem Ausland kam


Die neue Testcard reist auf Trampelpfaden und verschlungenen Wegen durchs ›Land of the Free‹

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Ein Text-Hinweis in eigener Sache.

Den Geschehnissen vom 11. September 2001 wurde im amerikanischen Englisch ein griffiger Name gegeben: 9/11. Eine Kryptik bestehend aus Zahl Schrägstrich Zahl, zunächst nichts verratend und doch zugleich ein boiling und tipping point für die Betroffenen. Doch wer waren die Betroffenen?

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Testcard #14 – Discover America; Mainz: Ventil Verlag 2005. – hg. von Martin Büsser et al. | 301 Seiten; 14,50 €; ISBN: 3-931555-13-5 | Editorial und Inhalt

BOOKER PRICE 2004



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Die Vergabe des mit ₤15.000 dotierten Booker Preises bezieht sich zwar nur auf Neuerscheinungen aus dem Commonwealth oder aus Irland, ist jedoch in Europa eines der wichtigsten literarischen Ereignisse eines jeden Jahres. Der aktuelle Preisträger heißt Alan Hollinghurst; die Vergabe war insofern ein Ereignis, da zum ersten Mal ein Roman mit homosexueller Thematik bedacht wurde. The Line of Beauty, so der Titel, ist jedoch noch nicht auf Deutsch erhältlich.

The Line of Beauty spielt im London der achtziger Jahre. Die Themen liegen auf der Hand; es geht um die Ära Margaret Thatchers, auch Eiserne Lady genannt, um die regierende konservative Partei der Torys und nicht zuletzt um AIDS, der Krankheit, die in den Achtzigern zum ersten Mal von sich reden machte.

Nick Guest, der Protagonist des Romans, ist ein Junge aus bescheidenen Verhältnissen, der sich mittels eines Stipendiums Zutritt zur Eliteuniversität Oxford verschaffen kann. Dort freundet er sich mit Toby Fedden an, dessen Familie ihm nach Beendigung seines Studiums das Dachzimmer ihres Hauses zur Verfügung stellt. Gerald Fedden, das Familienoberhaupt, ist ein aufstrebender und ehrgeiziger MP, natürlich konservativ, seine Frau Rachel stammt aus wohlhabenden Verhältnissen. Nick öffnet sich die Tür zur englischen Aristokratie, auch wenn ihm ganz beiläufig immer wieder klar gemacht wird, dass er nur ein Gast ist, der den Feddens gegenüber zwar eine Funktion erfüllt, jedoch so schnell wieder verschwinden könnte, wie er aufgetaucht ist.

Nick macht seine Erfahrungen im homosexuellen Milieu und lernt, sich in der Oberschicht zurechtzufinden. Man könnte ihn, ganz in der Tradition des realistischen Romans, als Aufsteiger bezeichnen, der sich neu erfinden muss, um Karriere zu machen. Doch auch hier ist das Ende des Karrieristen vorprogrammiert, denn als sich Gerald Fedden in einen Skandal verwickelt – seine Affäre mit seiner persönlichen Asistentin wird publik – muss das schwächste Glied in der Kette die Konsequenzen tragen, während sich Gerald, der zwar seine politische Karriere in den Wind schreiben muss, sich dank seiner einflussreichen Stellung in der Gesellschaft umgehend eine neue Rolle auf den Leib schneidern kann.

Alan Hollinghurst ist ein begnadeter Erzähler, der es stilistisch ohne Zweifel mit Autoren wie Ian McEwan aufnehmen kann. Als Autor homosexueller Literatur bisher nur am Rande wahrgenommen, hat der Booker Preis sicher – und zu Recht – zur Festigung seiner Rolle in der englischsprachigen Literatur beigetragen. Das Portrait der Achtziger ist ihm geglückt, der Zeitgeist ist gefangen, doch da sich Hollinghurst zu sehr auf seine Hauptfigur Nick bezieht, bleibt das übrige Personal leider zu schwach ausgearbeitet.


Alan Hollinghurst: "The Line of Beauty". – Picador, London: Oktober 2004 | 501 Seiten, 10,80 Euro, ISBN 0-330-43623-6 | Amazon.de

Prix Goncourt 2004



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Laurent Gaudé wurde letztes Jahr für seinen Roman Le Soleil des Scorta mit dem Prix Goncourt, dem renommiertesten Literaturpreis Frankreichs, ausgezeichnet. Gaudé hat neben einigen Theaterstücken zwei weitere Romane geschrieben, Cris (2001) und La Mort du Roi Tsongor (2002), für den er mit dem Prix Goncourt des Lycéens und dem Prix des Libraires (Preis der Buchhändler) bedacht wurde. La Mort du Roi Tsongor wurde in ein Dutzend Sprachen übertragen.

Le Soleil des Scorta ist eine Familiensage, die ein Jahrhundert umspannt und im Süden Italiens, in Apulien, spielt. Die sengende Sonne, die karge Erde und die Armut des kleinen Küstendorfes Montepuccio bestimmen das Leben der Einwohner.

Die Geschichte nimmt mit Luciano ihren Lauf, der nach fünfzehn Jahren Gefängnis 1875 zurück nach Montepuccio kommt und die Schwester seiner ehemaligen Geliebten schwängert. Luciano wird von der Dorfgemeinschaft gesteinigt, sein Sohn Rocco wächst zu einem Verbrecher heran, der sich als Geißel des Dorfes sieht. Auch er wird Kinder zeugen, unter ihnen Carmela, die den Text als Erzählstimme strukturiert. Die Generationen der Scorta lösen einander ab, doch eines verbindet sie: ihre Liebe zur kargen Landschaft, die sie bestimmt, und ihre Familienbande. Sie arbeiten hart und werden nie zu Reichtum kommen, doch jede Generation wird für sich behaupten können, dass sie etwas aus dem Nichts aufbauen konnte, dass sie gelebt, geliebt und gearbeitet hat, und dass sie, wenn auch meist nur kurz, Zusammenhalt und Glück verspürte.

Verschiedene Themen durchziehen den Roman: die Religion, verkörpert durch die wechselnden Gemeindepfarrer, die mal verehrt, mal geächtet werden, der kleine Tabakladen der Scorta, der symbolisch für die Vergänglichkeit steht, denn so wie sich eine Zigarette in Rauch auflöst, so bleibt auch von den einzelnen Generationen außer einigen wenigen Erinnerungen nichts zurück, und letztendlich die Reise nach New York, die Carmela mit ihren Brüdern antritt – doch statt ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten aufgenommen zu werden, werden sie zurück geschickt, zurück nach Montepuccio und somit zurück in die Armut.

Für einen Roman, der nur 250 Seiten umfasst, behandelt Gaudé viele Themen, zu viele eigentlich. Nach einem starken Auftakt und einem interessanten und auch psychologischen Ende (mit einem Erdbeben als Metapher) gerät der Text im Mittelteil stellenweise zu flach. Auch die Figuren werden meist nur oberflächlich angerissen, da es derer zu viele gibt. Trotz allem handelt es sich hierbei um einen gut geschriebenen Roman, den man gerne liest. Man spürt die sengende Sonne durch die Seiten scheinen, man fühlt die Kargheit der Natur und kann den gedrungenen Küstenort und seine Einwohner vor sich sehen, doch den Roman mit dem Prix Goncourt auszuzeichnen ist sicher übertrieben.

Laurent Gaudés Roman erscheint im Dezember 2005 unter dem Titel Die Sonne der Scorta auf Deutsch. Ebenso in deutscher Sprache erhältlich: Der Tod des Königs Tsongor. Der Autor wird bei dtv publiziert.
Laurent Gaude: "Le Soleil des Scorta"; Arles : Actes Sud, August 2004 | 246 Seiten; 29,90 Euro; ISBN 2-7427-5141-6 | Amazon.de

Oscar Wilde und Das Schöne



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Ich schrieb ja bereits zu dem Kolloquium »Das Gute und das Schöne«. In der heutigen Sitzung wurden zwei Texte Oscar Wildes behandelt: »The Importance of Being Earnest« (1995) und »The Decay of Lying« (1889).

Letztgenannter stellte sich als schwieriger Bastard aus fiktionalem und nicht-fiktionalem Text dar. Während der Text vor allem Wildes Verständnis von Kunst darlegen sollte um daraus eine Kunsttheorie jenseits Dickens, also jenseits des Realismus zu entwickeln, stellt die Form des Textes – ein szenischer Dialog – den Leser vor ein gewichtiges Problem. Dazu später mehr.

Wilde stellt vier für sein Kunstverständnis paradigmatische Thesen auf:

· Art never expresses anything but itself. Wichtig hierbei ist, dass die Kunst nach Wilde auf keinen Fall die Zeit, die Epoche, die Gesellschaft widerspiegeln soll, der sie entspringt. Das stellt einen krassen Bruch mit der auf Hegel beruhenden und wohl auch heute noch vorherrschenden Annahme dar, Kunst sei immer ein Kind der Umstände, innerhalb derer sie entsteht. Diese deskriptive Künste nennt Wilde imitative arts. Wilde lässt aber gewisse Ausnahmen zu: Die Architektur sei eine solche, weil sie als einzige Kunst stets funktionsgebunden sei. (»If we wish to understand a nation by means of it art, let us look at its architecture …«) Das mag man als Inkonsequenz Wildes bezeichnen, spricht er doch eigentlich allem Funktionsgebundenen den Status der Kunst ab.

· All bad art comes from returning to Life and Nature. Erklärt sich aus dem oben Gesagtem. Generell setzt Wilde die Lüge (als Erfindungsgabe von Geschichten) dem Natürlichen (als metaphysisch Gegebenem) entgegen.

· Life imitates art far more than art imitates life. Wilde nennt – reichlich bemüht – als Beispiel den Nebel, der erst als literarische Manifestation (bei Dickens: der dicke Londoner Nebel) dermaßen ins Bewußtsein gelangt, dass er als der spezifische Nebel in der Natur erst beobachtbar wird. Wilde gibt noch weitere Beispiele, die mir nicht minder konstruiert erscheinen. Sehr schön, weil heillos konstruiert sein Japan-Beispiel: »The Japanese people are the deliberate self-conscious creation of certain individual artists. […] In fact, the whole of Japan is a pure invention. There is no such country, there are no such people.« Und all das nur, um zu zeigen, dass die künstlerische Darstellung Japans keinen Widerklang in der der japanischen Realität findet?

· Lying, the telling of beautiful untrue things, is the proper aim of art. Die reine Lüge ist für Wilde die höchste Form der Kunst. Dabei unterscheidet er zwischen der funktions- bzw. zweckgebundenen Lüge (er nennt als Beispiel Politiker, die mittels Lüge wiedergewählt werden wollen) und der reinen Lüge als amoralisches (nicht: unmoralisches) Tun. Auch hier darf die Lüge natürlich nach Wilde nicht auf die Wirklichkeit rekurrieren.

»The Decay of Lying« trägt als Untertitel »An Observation. A Dialogue«. Was bedeutet das für den Text? Zunächst natürlich verändert es seine Struktur. Wir haben nicht mehr den einen Autor, der seinem Leser etwas vermittelt/vermitteln will. Wir verfolgen vielmehr ein Gespräch in dem Vivian, die tonangebende Figur, Cyril ihre Theorie erklärt. Für die Interpretation des Textes ergeben sich daraus Probleme: Wenn Wilde seiner Theorie folgen würde und der Text als szenischer Dialog ein Kunstwerk darstellte, wäre er dann nicht eine Lüge ohne jegliches die Realität widerspiegelndes Potential? Aber wenn der Text eine Lüge wäre, dann wären auch die darin enthaltenen Ansätze einer Kunsttheorie hinfällig. Schießt sich Wilde da nicht selbst von hinten ins Knie? Offenbar reflektiert Wilde nicht den Standpunkt seiner eigenen Theorie, oder genauer: Der Schwachpunkt der Theorie ist, dass sie sich selbst nicht zum Thema hat.

Interessant erscheint mir auch, dass Wildes Kunstverständnis gar nicht so revolutionär ist, wie es zunächst erscheint. Er will zwar mit dem Naturalismus brechen, im Gegensatz zu Schiller eine metaphysikfreie Kunsttheorie auftstellen, hängt aber doch noch einem Verständnis von Kunst als »Das Schöne« im Wortsinne an.

Eine weitere Paradoxie ergibt sich, betrachtet man das Gesamtwerk Wildes: Gerade die während seiner Zeit im Gefängnis, kurz vor Wildes Tod, geschriebenen fairytales sind hochmoralische, gesellschaftskritische Stücke. Wie verträgt sich das mit der Theorie Wildes, die doch nur auf die Unterhaltung abzielen soll? Möglicherweise kann man mit Baudelaire antworten, nach dessen Kunstverständnis, Moral zwar in der Kunst enthalten sein dürfte, diese aber stets dem Kunstvollen (bei Wilde also: der Lüge, der Unterhaltung) untergeordnet sein müsse. Damit ergäbe sich ein Schiller genau umkehrendes Ideal: Wo bei diesem die Stärkung der »moralischen Disposition« dem »Vergnügen« immer vorzuziehen ist, lässt Wilde der Moral gerade soviel Platz, wie es die Unterhaltung erlaubt.

Gerade »The Importance of Being Earnest« scheint aber Wildes eigener Theorie sehr nahe zu kommen: Die Struktur ist hochartifiziell, darin vergleichbar mit Shakespeare. Der Zufall aber als strukturgebender Code wird »nicht wie bei Shakespeare als glückliche Fügung, als Schicksal gehandelt, sondern als Versatzstück ironisch genutzt«. Zwar kann auch dieses Stück moralisch gelesen werden, aber die enthaltene Gesellschaftsparodie ist in ihrer ganzen unrealistischen Absurdität »nicht Spiegelung, sondern Verzerrung des Lebens«. (Zitate aus dem Referat) Die Anti-Logik ist programmatisch.

* * *

Nächster Punkt des Seminarplans ist dann ein Referat über Warhols Brillo Boxes und mein Referat über Benjamins Kunstwerk-Aufsatz. Bis dahin sind aber noch vier Wochen Zeit.

Die menschliche Komödie



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Honoré de Balzac hat mit seiner menschlichen Komödie ein Werk geschafften, das heute sicher seinesgleichen sucht, denn es umfasst 90 Romane und über 2000 Figuren! Der hier vorgestellte Roman, Vater Goriot, gehört zu den bekanntesten Balzacs und stellt zugleich mit dem alten Goriot eine der ergreifendsten Gestalten der menschlichen Komödie.

Sinn dieses Werkes: Die Darstellung der französischen Gesellschaft zwischen Revolution (1792), Restauration (1814-30) und der Julimonarchie (1830-48), ihre Jagd nach Geld, Macht und Prestige, ihre Sucht nach Vergnügungen und ihre bedenkliche Moral.

Der Nudelfabrikant Goriot hat die Zeit nach der Revolution gut genutzt und konnte als gerissener Geschäftsmann ein beträchtliches Vermögen anhäufen. Nach dem Tod seiner Frau überträgt er seine Liebe auf seine Töchter Anastasie und Delphine, die er mit einer beträchtlichen Mitgift ausstattet. Anastasie vermählt sich mit dem Comte de Restaud und Delphine mit dem elsässischen Bankier de Nucingen. Als jedoch während der Restauration der Adel neu erstarkt, können die Töchter den Vater, den sie wie Vampire bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt haben, nicht mehr gebrauchen. Mit einer lächerlichen Pension ausgestattet, siecht dieser in einer Pariser Pension vor sich hin, wo er den verarmten Landadligen Eugène de Rastignac kennen lernt, der, vom schönen Pariser Schein geblendet, selbst aufsteigen will, jedoch auf dem Weg nach oben von seinen tugendhaften Moralvorstellungen (leider nur ein klein wenig) behindert wird.

Am Ende stirbt Vater Goriot einsam und verlassen, nur Rastignac steht ihm in den letzten Stunden bei. Dieser jedoch folgt dann doch den Versuchungen der Oberschicht, vertreten durch Delphine de Nudingen, und opfert seine Tugend der Aussicht nach Reichtum und Macht.

Einzelne Handlungsstränge werden in Balzacs Romanen oft nicht zu Ende geführt, sondern in anderen Romanen wieder aufgenommen. Die Texte verschränken sich so ineinander und werden zusammengenommen zum Spiegel der französischen Gesellschaft. Nach einem etwas ermüdenden Einstieg ganz im Zeichen der balzacschen Erzähltradition (man hat es hier mit einem auktorialen, allwissenden Berichterstatter zu tun, der wertend auf den Leser einwirkt) baut die Handlung schnell an Spannung auf und hält sich bis zum dramatischen Ende, das sich zwar sehr früh abzeichnet, jedoch dank vieler Wendungen immer wieder verzögert wird.

Balzac gehört neben Stendal und Flaubert zu den großen Realisten Frankreichs, doch stehen diese in ihrer Erzählweise unabhängig voneinander. Den heute wichtigsten realistischen Roman liegt zur Zeit ihrer Entstehung noch keine Poetik zugrunde. Der Begriff des Realismus wurde folglich erst nachträglich durch die Literaturwissenschaft postuliert.


Honoré de Balzac: "Vater Goriot". -Frankfurt am Main: Insel Verlag, Oktober 1996|307 Seiten; 7,50 Euro; ISBN: 3458336117|Amazon.de

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