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Stars - In Our Bedroom After the War


Stars - In Our Bedroom After the WarDie Canadian Invasion ist vorbei. Besser gesagt ist jene Phase vorbei, die dem massiven Output gewisser Zirkel eine popkulturelle Brisanz und eine enorme Aufmerksamkeitsspanne und -breite zugestand, und zwar auf eine gänzlich andere Art und Weise, mittels anderes Mittel und in anderen Dimensionen, als bei der davor gelagerten Postrock-Phase um Constellation Records herum. Als Institution, als mediale Impact-Relation, als Hype-Struktur ist der Sommer 2006 mit dem US-Launch von Malajube ein letzter Höhepunkt gewesen, während sich über den kulturellen, musikalischen Verlauf noch heute alle Geister scheiden. Da Popkultur nur als Kokonstruktion von Produzenten und Rezeptienten verstanden werden kann, ist es auf beiden Fronten vorbei. Dies merkte man schon letztes Jahr, bei den Dears, bei Sunset Rubdown, bei Final Fantasy. Aber nichts belegt es besser, als die heuer eine nächste Phase andenkenden Superstars der Szene, die allesamt an dem Problem scheitern, eine in der Kokonstruktion eben schon vorformartierte kanadische Popmusik formatieren zu wollen. Arcade Fire legen ihr Neon Bible in eine Welt, die schon nach Arcade Fire klingt, Feist legt ihr The Reminder in eine Welt, die schon nach Feist klingt, usw. Dass diese ja-eh-guten Platten diese alte Brisanz nicht mehr erhalten, liegt sicher auch an der handwerklichen, selbstsicheren Art und Weise, mit der man jetzt eine „kanadische“ Platte aufnehmen kann. Und nun kommen die Stars, und legen ihr In Our Bedroom After The War in eine Welt, die schon nach den Stars klingt.

Das der Titel dabei so zu dieser Szenerie passt, ist nur ein Hinweis darauf, dass die Stars das Problem erkannt haben. Auch wenn gerade die Stars seit jeher vielleicht am meisten aus der Toronto-, eventuell sogar am meisten aus der gesamten Kanada-Ecke um dieses Problem gewusst haben. Denn die Stars waren immer eine strenge Album-Band. Ihr 2001er-Synthpop-Zuckergummi Nightsongs sprach eine deutlich andere Sprache als die verliebte 2003er-Winterlandschaft Heart, und wiedrum anders (und eben dann auch plötzlich brisant) klang das 2004er-Meisterwerk Set Yourself on Fire, das sie bis zum ipod vom Harry Potter-Schauspieler brachte. Es mag aus der Perspektive also nicht überraschen, dass ihr neues Album, nach all der Invasion, nach all dem Krieg, wieder eine neue, bisher unversuchte Pop-Leichtigkeit im Duett-Zitat-Rausch erheischt. Mehr noch ist In Our Bedroom After the War die wohl erste richtige Kopfhörerplatte der Stars, eine Art merkwürdiges Longe Gone Before Daylight, nur mit weniger Rotwein, ein Plans, nur mit mehr Elan. Vergessen haben sie natürlich nichts, die etwas schwache Vorab-mp3 „The Night Starts Here“ ist für Nightsongs-Fans der Retro-Jauchzer schlechthin, die auf Set Yourself on Fire so wunderbar angedachten Riot-Pop-Wurzeln finden im sensationellen „Take Me To The Riot“ ein würdiges Finale und Zitate gibt es auch enough, am schönsten wohl bei Torquils 80er-Sehnsucht „The Ghost of Genova Heights“. Die Stars klingen manchmal immer noch wie die Welt, die schon nach den Stars klingt, und dass sie noch immer die Guten sind, steht auch durch den Entschluss außer Frage, das Album vier Tage nach Fertigstellung, und drei Monate vor RL-Release DRM-frei zum digitalen Kauf (und damit auch zwangsweise zum einen Tag später folgenden Leak) anzubieten. Aber die neue, ruhige, noch träumerischere Stars-Variante geht das Risiko eben ein, die Welt links liegen, und den Krieg hinter sich zu lassen. Die bringt durch das Bedroom-Setting klar das Duett stärker hervor (auch wenn Torquil die von der Soloplatte noch etwas Whisky-angeschlagene Amy oft unter den Tisch singt), und ist somit eine Rückbesinnung auf eine Kitsch-Form, die den Stars immer schon hoch angerechnet werden konnte: Das nicht immer persönliche Ich-und-Du-Spiel, das zwischen Sex und Tod auch die Revolution verromantisieren kann.

Zwar löst sich die Platte durch all das nicht gänzlich von der oben beschrieben Krankheit manch anderer kanadischer Platten heutzutage (die übrigens auch die gerne als Kanadier missverstandenen Architecture in Helsinki grad befällt) und trällert manchmal belanglos, manchmal langweilig, manchmal uninspiriert vor sich hin, aber es bleibt im Umkehrschluss eben auch immer die Frage, ob die fehlende Brisanz wirklich den Stars anzukreiden ist. Denn im Endeffekt haben sie den gordischen Knoten der Postinvasionszeit am besten von allen gelöst: up in the bedroom. Sollte es also tatsächlich nach den vielen Fehlversuchen eine Platte geben, die der kanadischen Indierock-Welt neuen Antrieb geben könnte für eine nächste Phase, dann wird es die hier sein. Zumindest bis zum nächsten (vollzähligen) Broken Social Scene-Album.

Menomena - Friend and Foe


Menomena - Friend and FoeSo ist das, mit dem Ernst. Menomena haben sich letztendlich doch selbst erwürgt. War zu Zeiten des prachtvollen Debüts I Am The Fun Blame Monster ihre verkruxte Aussicht auf Schattenseiten und Grenzbereiche des Indiepop noch in höchstem Maße von der eigenen Ungeniertheit und Frische getragen, waren damals noch die Blicke unschön, das Wittern zaghaft und alles irgendwie... ihr wisst schon, »neu«, debütantisch, blöd, verschustert und irgendwie schief, war ein jeder solcher Blick in den Abgrund auf einer so schönen Platte auch immer von Gelächter begleitet, so sehr ist es eben dann schwierig, nicht erwachsen zu werden. Vielleicht war diese Performance-Dingse um Under an Hour herum schuld, dass Menomena auf einmal anfingen sich selbst zu ernst zu nehmen. Friend and Foe ist dabei natürlich nicht wirklich auf der Strecke geblieben, und bleibt ein wirklich solides und irgendwie auch geiles Werk, das aber an den Bruchstellen, wo es früher brillierte, nun verzweifelt mit den Armen nach eben jenem rudert, was es unterwegs mit einem (oft unentbehrlichen und noch öfter gesunden) »brauch ich nich!« weggeworfen hat: Das Gelächter. Die Krise. Die Unwissenheit. Geblieben ist geschultes Handwerk. Pitchfork-Musik. Können. Was zwar nicht reicht, aber auch nicht weh tut.

It's hard to tell the difference of a prophet from a crackpot


Cloud Cult - The Meaning of 8Einer der Gründe warum Cloud Cult ein beachtenswertes Anderssein im Indie-Kontext zelebrieren, ist weil die jugendliche Arroganz gegenüber den Referenzsystemen des Pops, also jene Arroganz die man jungen Rezipienten wie mir oft vorwerfen kann, darf und sollte, sich auf eine sehr ähnliche Weise auch auf der Platte abspielt. Ganz im Gegensatz zu dem (grad wieder, oder eh schon immer, jedenfalls viel zu lang) in Mode kommenden »Ja, ja, wir legen diese versteckten Spuren bewusst, um unsere Musik als Ausgangspunkt für Entdeckungsreisen in die Welt des Pops auszulegen... you know... for the kids...«. Cloud Cult sind da viel eleganter. Ihr Referenzen sind mir, als junger, ahnungsloser Grünschnabel im Einverständnis mit der Platte egal. Dieses Einverständnis ist es, das Platten zu dem »sowas hab ich noch nie gehört«-Phänomen macht. Wenn da kein Gleichgewicht herrscht, wenn die Band mehr sagen will, als sie sagt, es sich aber nicht traut, um nicht zu arty zu sein (siehe oben), oder wenn die Band nicht zu viel gesagt hat, aber ich zu viel reinlese (siehe, äh... puuh, suchts euch aus), kommen nur verstörte Langeweile und gebrochenen Herzen heraus. Aber hier ist das Gefühl das erste Mal seit langem wieder richtig im Gleichgewicht. Die Platte und ich sind uns einig, dass Sagen immer wichtiger ist als Lernen, Output wichtiger als Input ist. Wäre das hier eine kanadische Band, wäre dieses Anders fast schon selbstverständlich, aber so heißt es doch nochmal genau hinhören, welche Fäden der letzten Broken Social Scene-Platte hier aufgenommen werden, welche Monstranzen ausgelassen werden, warum ich Nine Inch Nails raushöre, warum es nicht die nur die besser Unicorns sind, sondern auch die besseren Modest Mouse 2007, warum es sich wie Funeral anfühlt, und warum eben auch nicht, nur um nach dem Hinhören, es doch nicht wissen zu wollen. Reden kann man ja trotzdem drüber. Wie immer: Reden worüber man keine Ahnung hat. Weil das ist es, was wir dauernd tun. Schön, es auf Platte haben.

Let's go live like Sunday morning cartoons


Cloud Cult - The Meaning of 8Wäre es so einfach, wie bisher, die Platte einfach zum Meisterwerk zu erklären, wäre der Witz daran deutlich verflogen. Dies hier ist so das Gegenteil einer Überplatte. So nicht ein euphoriestiftendes Hastunichgesehen. Sie bleibt auf jede nur erdenkliche und schöne Weise elementar, fantastisch trivial, irgendwie, was sich auch an dem Thema abarbeitet, das da Liebe heißt. Aber ganz im Gegenteil zu Überplatten werfen Cloud Cult diesem Thema keine emotive Dringlichkeit, kein melancholisches Zwangsverstehen, kein jubelierendes Epos, sondern eine kleine, nerdige und im Kern der Sache unromantische Semiotik hinterher: Die der Numerologie. Und selbst die Entscheidung garantiert noch nicht, dass hier Stumpfsinn hoch tausend romantisiert wird, wissen wir doch, dass das Obskure der Zahlenwelt von der Bestie bis hin zur Suche nach Gott, der perfekten Sprache, der Weltformel, der Logik (und Ratio) und unzähliges weiteres – auch in der Popmusik – befragt wird. Aber nö, warum hier die Bedeutung der Zahl 8 verhandelt wird, ist: »You and I make a lovely shape (two circles and cubed root of number 8)« Eine Form. Eine bloße Form, eine geometrische Bedeutung der 8, die der zwei sich berührenden Kreise. Und dass 2 (die Liebe, das Objekt) und 8 (die Form, das Zeichen) noch in einem Potenz-Verhältnis zueinander stehen ist der zufällige Bonus der Algebra. Jede andere Platte, die die oben beschriebenen Überintrepretationen nicht vermeiden würde, hätte da bestimmt noch irgendwas mit Unendlichkeit, der hingelegten Acht, fabuliert. Aber in The Meaning of 8 kommt kein einziges Mal das Wort »infinity« vor. Die Platte bliebt auf dem kleinen, endlichen Polster liegen, von dem sich noch kindisch, ahnungslos aber immer vorausschauend wundern lässt, was zum Teufel da draußen (und hier drinnen) eigentlich los ist. Beim Aufwachen. Zwischen uns. Und überhaupt. Priceless.

To hell with the going down


Cloud Cult - The Meaning of 8Schnelllebigkeit. Meingüte, was fürt ein Wort. Eigentlich wollte ich gar nicht auf das Thema hinaus, aber als Craig Minowa im Februar 2002 überraschend seinen zweijhährigen Sohn Kaidin an eine davor unbemerkte Herzkrankheit verlor und 100 Songs schrieb, dachte er vielleicht auch hin und wieder an Schnellebigkeit. Das sagt sich so leicht dahin. Aber irgendwo, wusste er vielleicht wie das dann umgangen wird, mit der Gitarre. Eines der schönsten Stücke auf The Meaning of 8 ist »Your 8th Birthday« wo Minowa singt: »Who can say goodbye with a yodel-ay-hee-hoo? You did, with the promise that the dead are now magicians.« und dann Kaidins Namen ruft. Schreit. Betet. Und es dann weiter diese Erinnerung anruft mit »You make traffic jams feel like parades. You bury the dead with the faith that makes lightning bugs swarm as if it was graduation.« Sorry, aber ein stärkeres Bild für Vertrauen habe ich schon lange nicht mehr gehört. (Und nebenbei bemerkt ist dieser Texturozean eine auf Low heruntergepitchte Version von Offspring. Ehrlich.)

Und dem gegenüber stehen Songs, die genau das sind: Songs. Minowa und seine Musik. »It's so unexpectedly predictable, so sloppily intentional. Does anyone know the punch-line yet?« Und das nur 5 Minuten nach Kaidins Birthday. Diesem Menschen ist einiges wichtig, scheint es. Die so große im Albumnamen angefragte Bedeutung, der Sinn, und darauf wohl auch der Zweck, aber keine Sorge: »There must be purpose here, cuz most of us keep waking up.« Und wenn das nicht klappt? Was ist dann mit der Party? »There must be rhythm here, cuz all of us have a heartbeat.« Es ist fast schon zu selbstverständlich um genial zu sein. Aber das sind bekanntlich die besten Momente.And we'll wear it like a tattoo, every scar is a smile.
To hell with the going down.

If we could just shut up for a second, my darling, my dear, we might actually hear


Cloud Cult - The Meaning of 8Experimental Indierock. Mit einer eigenartigen Pause zwischen »Experimental« und »Indierock«. Das war meine Antwort als mich das erst mal wer fragte, was Clud Cult so machen. Eigentlich war die Essenz der Antwort die Pause. Dieser kleine Moment des Luftholens, diese Stille, dieses Loch im Äther. Die Stelle an der man sich hundert mal überlegen kann, warum die Unicorns nicht in ihren Träumen solche Musik machen könnten, auch wenn sie noch so »Experimental« und noch so »Indierock« sein mochten. Weil der Punkt darin ist eben: Die Pause. Diese eine undenkbare Weigerung, die kein visuelles Äquivalent hat (und selbst wenn, dann nicht). Dieses eine crucial feeling, dass du hast, wenn eine Band singt: »Did you hear about the deaf girl, the one who sang a silent song? Although it's totally quiet, you can't help but hum along.«. Und dann als letztes Lied des Albums den besagten Song of The Deaf Girl nachreicht. In Echt.

Dann passt das mit den Pausen, der Frage, wie Stille funktioniert, und wie Leere, seit jeher der stärkste Antrieb dafür, was zu tun, erst definiert, was wir als Musik wahrnehmen. So oft, wie dieses Album mit der Leere, mit dem Stehenbleiben, dem enervierten Entfernen alles zu sagenden spielt, so oft weiß ich, dass es vielleicht das erste Mal in meinem jungen Leben ist, dass wer tatsächlich Musik und Stille für mich gegenüberstellt hat. Und eben weil das visuell mit keinem Bild der Welt machbar ist, braucht es eine sprachliche Pause, zwischen »Experimental« und »Indierock«, eine Pause um daran zu erinnern, woher dieser ganze Antrieb kommt, woher wir die Frechheit eigentlich nehmen, Kontexte zu verändern, woher wir eigentlich diese Stille Hoffnung auf die Veränderung, die vor uns liegt, speisen, und wohin sie vielleicht auch führen kann.

Although there's nothing to hear, I swear that there are things to be seen


Cloud Cult - The Meaning of 8Experimental Indierock. Mit einer eigenartigen Pause zwischen »Experimental« und »Indierock«. Das war meine Antwort als mich das erst mal wer fragte, was Clud Cult so machen. Eigentlich war die Essenz der Antwort die Pause. Dieser kleine Moment des Luftholens, diese Stille, dieses Loch im Äther. Die Stelle an der man sich hundert mal überlegen kann, warum die Unicorns nicht in ihren Träumen solche Musik machen könnten, auch wenn sie noch so »Experimental« und noch so »Indierock« sein mochten. Weil der Punkt darin ist eben: Die Pause. Diese eine undenkbare Weigerung, die kein visuelles Äquivalent hat (und selbst wenn, dann nicht). Dieses eine crucial feeling, dass du hast, wenn eine Band singt: »Did you hear about the deaf girl, the one who sang a silent song? Although it's totally quiet, you can't help but hum along.«. Und dann als letztes Lied des Albums den besagten Song of The Deaf Girl nachreicht. In Echt.

Bill Callahan - Woke on a Whaleheart


Bill Callahan - Woke on a WhaleheartWhen, when you were blind
You touched things for their shape
A faith in wordless knowledge
A faith in wordless knowledge
Well, I could tell about the river
Or we could just get in
Mit diesen Worten fängt an, was sich wie ein Debüt anfühlt, was sich wie ein Anfang anhört, was aber eigentlich nicht weiter davon entfernt sein könnte. Es mag das erste Mal sein, dass Bill Callahan unter seinem echten Namen eine Platte veröffentlicht, aber in dem doch etliche Zeit nun umspannenden Universum, das er sich unter dem Namen Smog aufgebaut hat, ist Woke on a Whaleheart schon die Nr. 12 der Fulllengths. Es ist ein kleiner Gefallen, den wir Callahan tun können, indem wir Woke nicht im bisherigen Werk kontextualisieren, weil es genau das ist, was er mit der Namensänderung erreichen will (und was er schon mal mit den Klammern erreicht hat). Denn von dem oben beschriebenen Anfang an ist es nicht schwer, diese Platte für sich zu nehmen.

Es bleibt somit überflüssig zu erwähnen, dass sich diese neue Platte auf neuem Terrain bewegt, auf dem fragilen Piano im Opener »From the Rivers to the Ocean«, auf den stroboskopischen Geigen in »Footprints« oder auf der sehr geheimnivollen Single »Diamond Dancer«. Dieses Terrain ist unter Mithilfe von Neil Hagerty als Produzent einem sehr austarierten Sound verschuldet, der wirklich sehr gut das zentrale Element dieser Musik (und wer will: der stetigen Weiterentwicklung der letzten, sagen wir drei Smog-Platten), nämlich Callahans Stimme in den Vordergrund rückt. Von beschwingten Pop-Balladen (am Anfang) bis zu ruhigen Ohrwurm-Meditationen (am Ende) trägt diese Stimme alles und nichts durch neun Songs, die schelmisch jede Romantik ad absurdum führen. Bill Callahan singt sogar, wenn er nicht singt, was im zentralen »The Wheel« sehr schön expliziert wird: Jede Zeile sagt er sich vor, murmelnd, leise, unsicher, uninteressiert, bevor er sie nochmal anruft, singend, melodisch, herzergreifend. The wheel has come one full circle, indeed, denn schließlich war jene Anfangsphase, für die Smog immer die Beschriftung »Lo-Fi-Pionier« und »Homerecording-Cäsar« (auch fälschlicherweise) erhalten wird, exakt durch den (wenn überhaupt) gesprochenen, gemurmelten Gesang gekennzeichnet.

Diese Gewitztheit ist bei einem ewigen Querschädel natürlich weder trivial, noch besonders wichtig. Denn schließlich will diese Platte wie gesagt nicht mehr sein, als eine kleine Geschichte 2007, eine kleine Abwechslung zwischen »Day« und »Night«, eine kleine Frage nach dem, was wir fühlen können, und nach dem, was wir nicht wissen können. Oder wie sie selbst sehr schön sagt:All you wanna do is be the fire-part of fireUnd all das ist ihr hervorragend gelungen.

Deerhunter – Cryptograms


Deerhunter - Cryptograms[.] Aber wenn das alles gar nicht so einfach ist, wozu gibt es dann das geheime Hoffen auf's endlich-verstehen? Und warum zum Geier heißt es eigentlich »endlich«?
[.] Das mit dem Hoffen ist eh die alte Banane. Ohne das müssten wir uns in Kliniken der Vernunft einweisen lassen, und gefährliche Bäume mit noch gefährlicheren Früchten genießen. Aber das mit dem »endlich« ist so eine Sache.
[.] Du meinst, wir brauchen Hoffnung um nicht rational-wahnsinnig zu werden?
[.] Nein, ich glaub, dass wir eher den rationalen Wahnsinn brauchen, um die Hoffnung erobern zu können.
[.] Rationaler Wahnsinn, Rationaler Schwachsinn...
[.] Ach, komm schon, im Endeffekt hast du's dir immer schon so ausgesucht. Da gab's keine cleane, durchschaubare boo-ha-Ordnung, die du dir zurechtzimmern kannst. Deswegen Indie-Rock. Der, der schwierigen Sorte.
[.] Komm mir nicht mit dem Scheiß, es war ja auch ein langes »endlich« bis wir uns von dem Gerotz gelöst haben.
[.] Das »endlich«, das ist im Endeffekt nur ein sprachlicher Tropfen auf dem Stein, der uns irgendwie die Unsterblichkeit sichert. Ohne das dauernde betonen, wie gut es ist, dass etwas endlich ist, gäbe es keine unendliche, oder auch: jenseitige Projektionsfläche für Erlösungsmythen. Deswegen – nochmal – Indie-Rock.
[.] Das ist mir deutlich zu einfach. Indie-Rock. Ich mein, du sprichst von Pop und Jazz, blabla, und am Ende machst du einen Kaugummi-Kniff und sagst: Alles super!
[.] Nein, alles da. Nicht alles super. Alles da.
[.] Aber bloße Existenz reicht nicht.
[.] Mehr gibt es nicht. Und sogar die bloße Existenz ist eine unfassbar untriviale Angelegenheit.
[.] Okay, und warum dann so ein Indie-Rock?
[.] Weil es immer wieder schön ist, dieses Unverstehen expliziert zu bekommen. Da halten wir uns entgegen wer was nicht kriegt, und manche schreien nach Fremdsprachen, manche nach Innovation, manche nach mehr Fehler, manche nach mehr Kraft, aber im Endeffekt ist das Unverstehen, dieser eine Grund, warum wir Popmusik hören, das ewige und herrlich Nichtgemeintsein – und es ist Quatsch das da nur bei Hip Hop funzt – genau der ist es, der dann Platten rausholt aus der Klinik. Raus aus dem Äther. Rein in die Crypto-Maschine.
[.] Du meinst: Rein in unsere rationale Wahnsinns-Maschine, oder?
[.] Kulturelle Sphäre, wenn man böse sein will.
[.] Die besten Platten sind meistens böse.
[.] Okay. Also doch.
[.] Und du bist dir sicher, wer reden nicht über Cloud Cult?
[.] Immer schon.

wer hört schon löffeln zu?


LCD SoundsystemAlbingl. Sinblum. Eine Frechheit, wie sie sehr sich die Wörter »Album« und »Single« in geheimer Konspiration gegen alle freundliche Verschmelzung wehren. Dennoch nicht ansatzweise so frech, wie James Murphys Erfolg dabei, als er vor zwei Jahren den Inbegriff von discoider Konsensfähigkeit geliefert hat. Und zwar in Album- und Singlesammlung-Format. Fast schon elegant wirkt dementsprechend der Schachzug, ein paar Monate vor dem neuen Album mit »45:33« eine ebenso lange Single rauszubringen. Tatsächlich ist »Sound of Silver« auch und insbesondere zusammen mit »45:33« jene Vielfalt, die man so sehnsüchtig erwartet hat. Alle Welten bedienen. Die unzähligen Einflüsse und Tricks, das umfassende Wissen der Produzentenarbeit sowohl für Nerds, als auch fürs das Hier und Jetzt der Tanzfläche absolut zwingend vereinen. Minimale Songs grölen, Tracks mit Refrain beten. Manche Missverständnisse zulassen, andere klären, z.B. geographische: »North American Scum«, ein Discopunk-Monolog-Monster à la »Movement«, macht klar, dass es hier nicht um England geht, während Murphys Stimme ab Strophe 2 den frühen Frank Black gegen Mark E. Smith aus Strophe 1 ausspielt. Jawoll. Beeindruckend auch, mit welcher Lockerheit diese Platte lächelt, was an der bereits geleisteten Definitionsarbeit der letzten Jahre liegen mag. Jetzt wird geerntet. Der Opener »Get Innocuous« belebt »Losing My Edge« via Kraftwerk wieder, lässt uns aber alle mittels der Zeile »You can normalize« ins Gemeintsein aussteigen, »Someone Great« ist eine mit Stimme aufgefettete Hypnose aus »45:33«, und »New York I Love You« (»but you're bringing me down«) ist die ruhige Piano-Hintergrundstrahlung zum Ausklang mit obligatorischem Rock-Aha kurz vor Schluss. Dieser Typ kann (wieder) alles. Und wenn »Sound of Silver« grad nicht als Single die Tanzflure der Welt entflammt, erweckt es in ihren Wohnzimmern als Album nach wenigen Sekunden den Eindruck, ein Instant Classic zu sein. Mehr kann ich nicht verlangen.

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