Freitag, 29. Dezember 2006

06 Platz 5


Scritti Politti - White Bread, Black Bear
Dass ich hier mal reinfallen werde, war mir klar seit diesem mysteriösem Hit von damals mit dem Namen »Tinseltown To The Boogiedown«. Aber dass es dann gar so fantastisch werden würde, so zart, so verliebt, so erfolgreich wie das hier, war mir nicht klar. Umarmen. Alles gute wünschen. Den Mercury vergessen. Sanft einschlafen. Songs spüren. Jamie Lidell überwinden. Und irgendwo drin steckt the beat of my life.

Tapes 'n Tapes - The Loon
Don't buzz me, cause I'll buzz you. Jo eh. Indierock und so. Indienet und so. Alles sauber. Auch wenn ich ja eigentlich da nicht wirklich mitwollte, ist die Platte tatsächlich klasse. Nicht paradiesisch, nicht von Blogs kaputtzukriegen, und nichts Pixies-artiges, aber Pavement geht in Ordnung, und am Ende, wenn Wolf Parade (nicht Arcade Fire) aus den Trümmern erscheint, ist der Kram eh unsterblich geworden.

Hot Chip - The Warning
Konsensplatte schlechthin. Verdient schlechthin. Anfangs überstrahlte ja »Boy From School« meine gesamte Rezeption, und die Platte drohte an dem Hit zugrundezugehen, aber Grower galore, es wurde alles gerettet. Was für diese Musik wohl auch gilt. Das war wohl Indie 2006 (und so stell ich mir die damalige Wirkung von Postal Service vor). Dieses immer-wieder-auflächeln, wenn man dran denkt, wenn es im Club höllt, wenn es im Kopfhörer des Unbekannten aus der Bim läuft, und du die geschaffenen Wunder an seinen Gesichtsmuskeln detailgenau verfolgen kannst. Das können eben nur sehr wenige Platten.

Jason Collett - Idols of Exile
Ganz abgesehen von Bandtreue: Wahrlich ein toller Zweitling vom Herrn Collett. »I'll Bring The Sun«, ach, wie macht man das? Unsterblich die Erinnerung daran, wie crazy Feist am Schlagzeug zu diesem Lied abging. Und wenn man dieses Monster mal verdaut hat, bleibt man erst Recht bei »Hangover Days« und »We All Lose One Another« hängen. Und im Jahresverlauf nahm diese Platte jene Position ein, die ich letztes Jahr so sehr vermisst habe, weil ich Ben Lees Awake Is the New Sleep verpasst habe. Jetzt ist alles wieder in Ordnung.

Chad VanGaalen - Skelliconnection
Als Chad zum eigenen Vergnügen 2004 in seinem Schlafzimmer das erschütternde Infiniheart aufnahm, konnte er sich diese Momente zwischen andächtigem Schließen der Augen und dem rot unterlaufenen Glitzern der Wut sehr persönlich leisten. »Leider« wurde er entdeckt. Und hat nun auf Sub Pop seinen Zweitling herausgebracht, und die Welt beginnt langsam seine Wut für seine Augen zu halten und umgekehrt. Da drüben am durchstarten, hier bei uns kein Wörtchen zu finden. Eine jener Platten, weswegen ich diese Liste mache. Ich hätte Lust, einen unschlagbaren Indie-Songwriter-Referenzpol aus Chad zu machen, den man in 10 Jahren kaum versteht, aber wohl unwissend schlucken muss. Sowas, was heute Yo La Tengo sind. Nur halt kanadischer.

Oxford Collapse - Remember the Night Parties
Eine große Überraschung. Sind die alten Alben auch alle so irre? Muss ja nicht sein, dass Sub Pop allein für die klassisch-schräge Indierock-Auffassung hier verantwortlich ist. Durch und durch: Ein Spaß. Und auch man wenn anfangs mit »Please Visit Our National Parks« denkt, das ganze Pulver abgekriegt zu haben, wird diese Platte erst gegen Ende hin richtig monströs. Also locker monströs, nicht monströs monströs. Hit-monströs, nicht Nerd-monströs. Und dafür lieben wir Gitarrenplatten doch an sich, oder?

Junior Boys - So This Is Goodbye
Seele muss man eben haben, wenn's kalt ist. Ob und inwiefern dies hier nun besser ist als der von mir völlig übersehene Vorgänger Last Exit, ist mir noch nicht klar, aber für einen Sommer schönes Fühlen konnte sich diese Platte immerhin verantwortlich zeigen. Athmo statt Holpern, und so. Eine schöne Kälte, die an Kanada, Reisen und absurde Discos erinnert. Und wenn dann das Konzert so betont, dass diese Platte Band statt Laptop ist, dann ist so eine Kälte nicht selbstverständlich. Und umso schöner.

The Rapture - Pieces Of The People We Love
Deutlich wärmer ging es beim Tanzen zu dem hier zu. Anfangs noch von mir abschätzig mit »Ja eh« abgeschmettert, wuchs das schon zu nem formidablen Liebling heran. Pluspunkt ist hier wohl, dass es tatsächlich keinen herausragenden Hit hat, das wäre ihr Tod gewesen. Aber so sitzt das ganze in einem cool-protzigen Sumpf, der im Endeffekt nur selten an die fürchterlichen Aussagen in Interviews erinnert, wie z.B. dieses wir-haben-das-schon-anders-weil-für-große-Stadien-geschrieben. Nevermind, wenn daraus so geile Scheiße wird.

Sunset Rubdown - Shut Up I Am Dreaming & Destroyer - Destroyer's Rubies
Swan Lake enttäuschten vielleicht auch weil diese Platten schon alles richtig gemacht haben, was den Anschein erweckte schief zu gehen. Der große Unterschied zu Beast Moans ist wohl, dass diese träumerischen Spinnereien dicht nicht zum grübeln, nachdenken, verdauen zwingen, sondern nur freundlich dazu einladen. Und gerade gemeinsam erwecken diese zwei Platten den Eindruck so viel machen zu können, so viel im spaßvollem Spiel untereinander verheimlichen und wünschen zu dürfen, dass ich mich frage, warum eine Kollaboration überhaupt nötig war. Oder vielleicht hat einfach nur Carey Mercer alles versaut?

The Streets - The Hardest Way To Make An Easy Living
Nichts versaut hat Herr Skinner mit seiner dritten. Hätte auch deutlich schlimmer ausgehen können, nach der bereits schwachen zweiten. Aber hier sitzt wieder alles richtig, und tanzt sich eigenartig und fühlt sich blöd an und macht eben alles, was man von so einer Streets-Platte haben will. The fine art of being famous wird hier mal elegant in eine Popscheibe gegossen, die halt eben außer Witz auch die Erinnerung in sich birgt, dass Blur nach Parklife nur erfolgreicher, nicht schlechter wurden.
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