The Mars Volta - "Frances The Mute"


francesWer von Anfang an meinte, das könne nicht gut gehen, musste bei »De-Loused In The Comatorium« dann doch einsehen, dass es irgendwie doch ging. Dieser Wahnsinn. Dieser riesige Forget-It!-Prog-Rock. Dieses gewaltige, gewalttätige Epos, das die Ideen von Dream Theater oder meinetwegen Tool gänzlich unbekümmert links liegen lässt auf der Überholspur der Magie. Und jenes Album vermochte nun auch tatsächlich Welten zu sprengen, Album- und Songstruktur zu dekonstruieren und Fantasiewelten turmhoch aufzuschichten, bis der letzte Dreck aus den Emocore-Löcher gekrochen kam, um sein Haupt andächtig zu verneigen. Das war 2003.



Die 5 »Passagen« von »Frances The Mute« ziehen sich 77 Minuten lang durch die Tagebücher eines Unbekannten, gefunden vom 2003 verstorbenen Bandmitglied Jeremy Ward. Die Unterkapitel dieses Werkes drehen sich in Zeitlosigkeit und Referenzdisaster, die Gitarren quietschen gern nach Led Zep-Manie und vergewissern sich der Anwesenheit der unkapierbaren Rhythmuswechsel und Latino-Würstchenbuden. Aber was dieses Album will und soll, wissen wohl TMV wohl selbst nicht mehr. Der Wunsch, wieder bei At-The Drive In anzufangen wird größer, je länger dieser Ozean sich vor einem ausbreitet. Und zum Unverständnis, warum hier hundert Mal die potentielle Schönheit dieser Musik verhunzt und (langweilig) gebrochen wird, gesellt sich der Unwille, diese Solaris verstehen zu wollen. Schade eigentlich.

VÖ: 21.02.2005 auf GSL
INFO: www.themarsvolta.com

Tarwater - "The Needle Was Traveling"


the needleDer Pulsschlag des Erwachens-mit-Sonne-im-Gesicht pocht in diesem Album. Das Berliner Duo Tarwater will nicht zu wenig, wenn es hier versucht, Pop durch eine Minimal-Frickel-Funk-Brille zu denken. Gelingen tut es ihnen wahrlich zufriedenstellend. Weniger Kunstmucke, weniger Track - mehr Offenheit, mehr Song. Die Lieder atmen einen erzählerischen Atem, gleiten förmlich umeinander herum, was natürlich auch oft nach Belanglosig- und Austauschbarkeit riecht. Aber keine Sorge, »The Needle Was Traveling« ist Besagtes fast nie. Tarwater schaffen es hier endlich, die schönen Song-Ideen in ein geeignetes Kleid zu bringen, das passt und gut aussieht. Bei »Sprechgesang! « muss nunmehr die dritte Silbe betont werden, nix mehr mit geheimniskrämerischem Spätdadaismus. Es darf nach »Requiem For A Dream« - OST klingen, wie auch nach The Notwist. Es darf berauschen und fesseln, wie auch mal beruhigen und loslassen. Das muss ein schöner Sommer werden. Hier ist eine der Platten dazu.



VÖ: 14.03.2005 auf Morr

Masha Qrella - "Unsolved Remained"


unsolved remainedÜber zwei Jahre sind seit Mashas Debüt »Luck« vergangen. In der Zwischenzeit hat sie nichts Geringeres getan, als die Band NMFarner mitbegründet und deren Debütalbum »Die Stadt« zu einem DER Indie-Hits 2004 aus Deutschland gemacht. Und nun heißt’s wieder zurück zum Ego, zurück zum selbst auferlegten Exil im Nirgendwo.
Natürlich klappt das dann doch nicht so wie gedacht, und Masha holt sich auch dementsprechend Hilfe von außen: Norman Nitzsche von NMFarner produzierte munter mit auf »Unsolved Remained«, ein Einfluss, der sich in den Songs durchaus bemerkbar macht. Songwritertum ist das ja eigentlich keins mehr, so durchtrieben elektronisch und manchmal richtig Band-haft wirkt das. Masha singt auf sehr eigene, wohltuende Weise ihre Texte zwischen einem »I« und einem »You«, und oft wissen die Zuhörer nicht, auf welcher Seite dieser Achse sie stehen. Die Ruhe und die (selten) dagegen arbeitenden (elektronischen) Ecken und Verzerrungen spielen dem breiten Feld Emo-Pop einen Streich nach dem anderen – und bleiben doch nur Fassaden, im Versuch professionell unprofessionell zu sein. Etwas zu sauber produziert wirkt dieses intersubjektive Manifest, dessen Nachvollziehbarkeit hin und wieder stört. Würde es mehr nerven, könnte es die eigene, zurzeit sich selbst ausschaltende Dynamik wunderbar nutzen, um das Persönliche im Prüfstand der Zuhörer als einen erkundenswerten, unbekannten sonischen Raum darzustellen. Mashas Stimme wäre gut genug dafür.

VÖ: 28.02.2005 auf Morr

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