Samstag, 25. März 2006

Der innere politische Schweinehund


Meine Güte, was man alles so verpasst, wenn man ein paar Tage zwecks Umzugs und damit verbundenem Providerwechsel ohne Internet auskommen muss. Wärend Marko hier den Laden gerockt hat (Fantastischer Text über Cuff the Duke übrigens!) schleppte ich mit Hilfe von ein paar Buddys (Danke, Leute!) zu viele Platten und viel zu viele Bücher in die neue Wohnung im vierten Stock. Ich hasse Umzüge. Alles was ich will, ist genügend Geld um eine Firma zu beauftragen, die mir den ganzen Kram abnimmt, transportiert, in der Wohnung einrichtet, selbige komplett renoviert und mir nach ein paar Tagen den Schlüssel zur Wohnung aushändigt. That’s it. Erzählte ich von den sechs Stunden, die für den Aufbau eines neuen Kleiderschranks draufgingen? Ach, egal.

Wo war ich? Ach ja. Die Kacke ist wiedermal am Dampfen im Internet und angeschlossenen Lebensräumen. Hirnlose Deppen zeigen uns, was sie unter Meinungsfreiheit verstehen, während andere hirnlose Deppen ebenjene Meinungsfreiheitsbeschneidung direkt mal ins Praktische umsetzen. Unglaublich, wieviel Scheiße (© ix) sich in Hirnen ablagern kann. Gewisse Befürchtungen jedenfalls bestätigen sich. Und komme mir keiner mit dem Urheberrecht. Dass Zypries sich ohne es zu merken von ihrem Rückgrat verabschiedet, war so erwartbar wie es fatal ist. Da werden auch die jetzt natürlich erklingenden Stimmen aus den hinteren Reihen des Kabinetts nichts dran ändern. Immerhin stellt Christian Schlüter in der FR schon mal einige wichtige Fragen:

»Existieren ein Urheber und seine Schöpfung allein durch sich selbst? Oder wie ist es um die Einmaligkeit einer Hervorbringung bestellt, wenn sich Einmaligkeit doch in Wiederholbarkeit begründet?
Das wären so einige, ideengeschichtlich nicht ganz unbeträchtliche, vor allem aber außerjuristische Fragen. Und es gibt mehr davon, etwa: Eigentum ist eine ökonomische Kategorie, wie verträgt sie sich mit einer kognitiven ("geistigen") Disposition? Dass wir bei der Urheberrechtsnovelle vergeblich nach medientheoretischen Ansätzen suchen, versteht sich beinahe schon von selbst. Das Recht ist hier auf eine Unzahl von Zusatzannahmen angewiesen, die es nicht nur überfordern, sondern stets einen schlechten Kompromiss sein lassen.«

Deren Beantwortung wird wohl aber auch wieder nicht aus dem Kabinett kommen. Wundert es da noch irgendwen, dass die Industrie nach dem stetigen Scheitern vom Kopierschutz auf physikalischen Medien immer mehr auch die Aufzeichnungsgeräte selbst in Visier nimmt – und das eben nicht nur noch auf Computer-/DRM-Basis?

Bei aller im Internet zu findenden Aufregung aber erschreckte mich in den letzten Tagen noch mehr als die eigentliche Tatsache dieser ganzen asozialen Rechtebeschneidung mein eigenes innerliches Abwinken bei diesen Themen. Nein, ich möchte nicht noch einen Abend damit verbringen, über Industrie-Lobbyismus zu diskutieren, erst recht nicht mit Leuten, die ohnehin meiner Meinung sind. Ich weiß nicht. Ich glaube – und Gespräche mit Freunden bestätigen mich da – inzwischen ist da eine riesige Resignation, was alles Aufbegehren angeht. Natürlich weiß ich, dass das dumm ist. Natürlich sehe ich ein, dass die Form, wie die französischen Proteste gegen de Villepin und dessen absurd-brutal durchgeboxten CPE ablaufen, genau die richtige ist. Gesamtgesellschaftliche und klassenüberschreitende Vernetzung, mediale Präsens aber eben vor allem: leidenschaftliche Wut, die von mir aus auch mit einem happeninghaften Lächeln präsentiert werden darf. Hauptsache sie wird präsentiert. All das finde ich hierzulande (und leider eben auch in mir): nicht. Ja, na klar, es gibt die Ausnahmen. Spreeblick-Johnny hat das in Bezug auf die Urheberrechtsbestrebungen der Musikindustrie schön vorgeführt. Und Mercedes füllt ihr Blog fast assschließlich mit solchen klugen Beobachtungen. Aber, mal ehrlich, was ist das denn schon? Selbst Initiativen wie Privatkopie.net sind doch nur sehr singuläre Dinge mit vergleichsweise geringem Verbreitungsgrad.

Vielleicht liegt die Resignation daran, dass die politischen Felder der Einflußnahme so kleine sind. Vielleicht auch daran, dass dem diametral gegenüber gesetzt diese ganzen, again, asozialen Tendenzen überhand nehmen, sich nicht mehr auf das eine Thema (Atomstrom! Bürgerrechte! Meinungsfreiheit! Einwanderungsland BRD! etc.) beschränken sondern in allen Bereichen eine Verdummung sondergleichen vonstatten geht, der man nicht mehr durch einzelne Protest begegnen kann (will?).

Letztlich bleibt das natürlich alles Substitut. DU und ICH – wir müssen den Arsch halt schon noch hochbekommen. Fick die Metaebene. Sonst bleibt eben alles doch nur bei den offen eingerannten Türen bei abendlichen Gesprächen.

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