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Selbstreferentielles Desaster


Da stolpert man irgendwo im Netz auf diese Mathe- und Logik-Nerds, die dies Dinger machen, stellt nach Stunden ernüchtert fest, dass die meisten der selbstreferentiellen Tests ambig bzw. widersprüchlich sind. These: Sowas kann nur von einem Programm gemacht werden.

Gegenbeweis: die gute spud. Die der Mathematik und der Logik wirklich nicht sehr zugeneigte Spud erschuf in einer viertel Stunde manuell, ohne Hilfe eines Computers ein 20-Questions-Selbstreferenz-Desaster, das nicht nur eindeutig lösbar ist, ohne sich in Widersprüche zu verstricken, sondern auch im Vergleich zu den "professionellen" Tests deutlich kniffliger ist.

Warum ich euch damit langweile? Weil vielleicht grad wer von euch für ein paar Stunden seine oder ihre graue Zellen strapazieren möchte. Also hier ist der Test, wer es schafft und die richtige Lösung an marko(punkterl)markovic(klammeraffe)reflex(döt)at schickt, nimmt an der Verlosung einesvorzüglichen Mixtapes teil. Sommerlich, frisch und liebevoll gemacht. Einsendeschluss ist der 15. Juni. Viel Erfolg!

Hinweise zu beginn:
  • Jede Frage hat genau eine Antwort.
  • Wenn die Rede ist von "Antworten", dann sind die Buchstaben (A) - (E) gemeint, die der Antwort vorstehen, nicht der Inhalt der Antwort. So zählt die Antwort "(A) B" zu den "Antworten, die Vokale sind", im Gegensatz zu "(B) A", welche nicht dazuzählt.

1. Die erste Frage mit Antwort (E) ist Frage
(A) 2
(B) 3
(C) 4
(D) 5
(E) 1

2. Die einzigen zwei aufeinanderfolgenden Fragen mit derselben Antwort sind die Fragen
(A) 6 und 7
(B) 7 und 8
(C) 8 und 9
(D) 9 und 10
(E) 10 und 11

3. Die Antwort (D) kommt wie oft vor?
(A) 2 mal
(B) 3 mal
(C) 4 mal
(D) 5 mal
(E) 6 mal

4. Die einzige ungerade Frage mit der Antwort (D) ist Frage
(A) 11
(B) 13
(C) 15
(D) 17
(E) 19

5. Die Antwort auf diese Frage ist
(A) A
(B) B
(C) C
(D) D
(E) E

6. Die Antwort auf Frage 16 ist
(A) C
(B) D
(C) E
(D) A
(E) B

7. Die Anzahl der Antworten, die Vokale sind, ist
(A) ungerade
(B) gerade
(C) eine Primzahl
(D) eine Quadratzahl
(E) teilbar durch 4

8. Die Antwort auf Frage 13 ist
(A) A
(B) C
(C) D
(D) E
(E) B

9. Welche der folgenden Fragen hat (E) als Antwort?
(A) 15
(B) 14
(C) 13
(D) 12
(E) 11

10. Am seltensten ist Antwort
(A) A
(B) B
(C) C
(D) D
(E) E

11. Die Anzahl der Fragen, die (A), (B) oder (E) als Antwort haben, ist
(A) genau 15
(B) weniger als 15, aber mehr als 10
(C) genau 10
(D) weniger als 10, aber mehr als 7
(E) genau 7

12. Die Fragen, die eine Primzahl sind, haben wie oft (B) als Antwort?
(A) 1 mal
(B) 2 mal
(C) 3 mal
(D) 4 mal
(E) 5 mal

13. Die Antwort auf Frage 8 ist
(A) C
(B) A
(C) B
(D) D
(E) E

14. Die erste der folgenden Fragen, die (E) als Antwort hat, ist
(A) 15
(B) 16
(C) 17
(D) 18
(E) 19

15. Die einzige der folgenden Fragen mit Antwort (A) ist
(A) 18
(B) 17
(C) 16
(D) 15
(E) 14

16. Die Antwort auf Frage 6 ist
(A) B
(B) E
(C) C
(D) A
(E) D

17. Die Antwort auf Frage 7 ist
(A) C
(B) D
(C) E
(D) A
(E) B

18. Die Antwort auf diese Frage ist dieselbe wie auf die Fragen
(A) 6 und 17
(B) 17 und 11
(C) 1 und 13
(D) 14 und 15
(E) 15 und 10

19. Die letzte Frage dieses Tests mit (C) als Antwort ist
(A) 15
(B) 16
(C) 17
(D) 18
(E) 19

20. Die Anzahl der Fragen, deren Nummer zwischen 1 und 10 (inkl.) liegen, und die (B) als Antwort haben, ist
(A) 4
(B) 0
(C) 1
(D) 2
(E) 3

P.S.: Auf www.die-gute-spud.de findet sich zur zeit derselbe Test, wir werden also zwei Menschen mit Goodies beglücken. Und es sollen auchzwei verschiedene sein, also bei beiden Pages mitmachen, lohnt sich nicht. ;-)

Körperwelten



Der neue Suhrkamp-Sammelband »Gendertronics« sucht den Körper in der elektronischen Musik.

»mein körper ist ein tempel, / und dieser tempel will gepflegt werden. (hippie) / mein körper ist ein tempel, / und dieser tempel muß zerstört werden. (punk) / hat jemand meinen körper gesehen? (techno)«

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Ein Kalauer, sicher, aber einer, der die richtigen Fragen aufwirft. Er stammt aus Marc Weisers grandioser hate-speech, die vor kurzem mit anderen Texten im neuen vom club transmediale und Meike Jansen herausgegebenen Suhrkamp-Reader »Gendertronics – Der Körper in der elektronischen Musik« erschien.

Die Fragen, an denen sich die Essays, Aufsätze und Gespräche entlang hangeln, sind diese: Was wurde aus dem Körper, den die Vordenker der elekronischen Musik zu überwinden sich auf die Fahnen geschrieben hatten? Sind die elenden Rockismen, die immer auch zu Machismen tendieren, obsolet geworden? Und, da Körperfragen auch immer Genderfragen sind, was wurde aus der Frau in der elektronischen Musik; ist die elektronische Musik eine geschlechtslose? Was trat an die Stelle der phallischen Gitarre, wurde das – ’tschuldigung – Gitarrengewichse durch Modulmasturbation ersetzt/erweitert?

weiter …


club transmediale/Meike Jansen: »Gendertronics – Der Körper in der elektronischen Musik«. – Frankfurt a. M: Suhrkamp, 2005 | 204 Seiten; 9,– €; ISBN: 3-518-12394-7 | Amazon.de | Buecher.de

Literatur zum kleinen Preis: Teil I



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Dieses schmale Büchlein, bereits 1895 erschienen, ist nicht nur Cranes persönliches Meisterwerk, es gilt auch im Genre der Kriegsliteratur als Meilenstein und muss - abgesehen von der literarischen Qualität - aus erziehungstechnischen Gründen auf dieser Seite vorgestellt werden.

Den Handlungsbogen stellt der amerikanische Bürgerkrieg; der junge Soldat Henry hat sich freiwillig gemeldet, um seinem Dasein einen heroischen Anstrich zu verleihen, doch als sein Regiment auf die erste Schlacht vorbereitet wird, befallen ihn Zweifel: wird er als Mann aus der Schlacht zurückkehren, am besten mit einer Wunde, einer, wie es der Titel benennt, roten Tapferkeitsmedaille, oder wird er eher aus Angst desertieren? Henry läuft davon, irrt umher, wird bewusstlos geschlagen und erringt per Zufall seine Tapferkeitsmedaille. Als er wieder auf sein Regiment stößt, behauptet er, abgetrieben worden zu sein und auf einem anderen Schlachtfeld seinen Mann gestanden zu haben. Henry jedoch ist sich seiner Feigheit bewusst und weiß, dass er sich noch beweisen muss, um vor sich selbst zu bestehen.

Dem Leser ergeht es während der Lektüre wie den Truppen, beziehungsweise den Soldaten: beide verlieren sie den Überblick über die Wirren des Krieges, über die verschiedenen Fronten, an denen gekämpft wird. Durchblick haben allein die Generäle, die hoch zu Ross ihre Truppen wie Figuren auf einem Schachbrett strategisch und ohne Rücksicht auf Verluste organisieren. Der Krieg wird zur Maschinerie, zum Selbstläufer, zum rotäugigen Monster, zum Blutgott, der seinen Tribut einfordert.

Neben der Initiation des jungen Soldaten Henry stehen der Krieg und die Armeen als Solche im Mittelpunkt. Der einzelne Soldat entpuppt sich als Rädchen im Getriebe; um im Krieg zu bestehen, muss er seine Individualität aufgeben und Teil der Masse werden. Die Armee mutiert zu einem lebenden Organismus, zu einem verschleißenden Körper, dessen Glieder aus Soldaten und nicht aus Menschen besteht. Crane gibt diesen Vorgang der Selbstaufgabe in einer sehr einfachen und zugleich metaphorischen Sprache wieder: er bezeichnet die Truppen mal als alles unterspülende Welle, mal als Reptil, das vorwärts kriecht, mal als Bienen- oder Ameisenschwarm. Crane zeigt sich hier als naturalistischer Autor, der jedoch auch realistische Züge aufweist und so zwischen zwei literarischen Strömungen seiner Zeit steht.

Der Roman legt dar, wie - am Beispiel einer Armee - Massenpsychologie funktioniert, wie sich der Mensch in seinem Denken und Verhalten verändert, wenn er Teil einer Masse wird. Die Masse ist ein Selbstläufer und bezieht ihre Kraft aus der Selbstaufgabe des Individuums. Ob dies positiv oder negativ zu bewertet ist, muss offen bleiben, da Situationen, ähnlich wie in Cranes Text, Veränderungen unterliegen und von einer Sekunde zur anderen umschlagen.


Stephen Crane: "The Red Badge of Courage". -Tor Books; 176 Seiten; 3,49 Euro|ISBN: 0812504798|Amazon.de


»Gegen den versnobten Literaturbetrieb«



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Ein Text-Hinweis in eigener Sache.

Anfang diesen Monats erschien ein neues Literaturmagazin: [sic]. Ein Gespräch mit den beiden Herausgebern Daniel Ketteler und Christoph Wenzel über Startschwierigkeiten, Popliteratur, die neu erwachte Lust an der Lyrik und warum Prilblumen noch lange keine gute Literatur hervorbringen.

weiter …






[sic] – Zeitschrift für Literatur, Nr. 1; Aachen, Berlin 2005. – hg. von Christoph Wenzel und Daniel Ketteler | 89 Seiten; 5,– €; ISBN: 3-518-12394-7 | [sic]

Nighthawks in der französischen Literatur



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Der hier besprochene Roman liegt zwar noch nicht in der deutschen Übersetzung vor, ist jedoch im Original gut zu lesen. L'Arrière Saison bedeutet so viel wie Nachsaison. Bleibt nun zu hoffen, dass der Roman bald auf Deutsch erscheint!

Philippe Besson, momentan wohl einer der interessantesten Autoren Frankreichs, hat Edward Hoppers bekanntestes Gemälde, Nighthawks, literarisch umgesetzt. Eines Abends, so Besson bezüglich der Entstehung des Romans, betrachtete er die Figuren auf dem Poster, das er bei sich hängen hatte. Vor allem die Frau im roten Kleid, die in Gesellschaft von drei Männern in einem Café namens Phillies am Tresen sitzt, hatte es ihm angetan. Er konnte sich nicht mehr lösen, der Wunsch entstand, ihre Geschichte zu erzählen, beziehungsweise sie zu erfinden.

Bessons Roman ist, wohlgemerkt, Fiktion und nur eine Version unter vielen möglichen. Das Café selbst verlegte er aus New York an den Strand eines verschlafenen, etwas herunter gekommenen Kaffs an der Ostküste Amerikas. Über die Vergangenheit der Figuren lässt sich streiten, besonders wenn man – und das ist bei einem Gemälde dieses Bekanntheitsgrades nicht ungewöhnlich – eigene Vorstellungen zu den Figuren entwickelt hat. Davon abgesehen fängt Besson überaus treffend die melancholische Stimmung ein, die das Gemälde verströmt: wie in vielen Werken Hoppers spürt man in der literarischen Umsetzung eine diffuse Einsamkeit, die Figuren stehen für sich, sind in sich versunken und verletzlich, doch zugleich umspannt sie in Nighthawks ein feines Netz, eine fast greifbare Intimität, eine unbestimmbare Nähe.

Philippe Bessons Stärke liegt in der psychologischen Entwicklung seiner Figuren. Er folgt ihren Gedankengängen und schält Persönlichkeiten Stück für Stück heraus. Die einzelnen Abschnitte bauen aufeinander auf, verschränken Vergangenheit und Gegenwart, sind in ihrer Ordnung sorgsam komponiert. Louise Cooper, die Frau im roten Kleid, schreibt Theaterstücke, das Café ist ihr Hafen, in den nach zehn Jahren Abwesenheit Stephen Townsend dringt. Sie waren ein Paar, bis Stephen Louise für deren Freundin verließ. Nun ist seine Ehe gescheitert. Stephen muss Louise sehen, muss sie sprechen, sich erklären nach all der Zeit, und während die beiden ihre schmerzhafte Vergangenheit aufarbeiten, braut sich analog und natürlich auch ein wenig metaphorisch über dem Meer ein Sommergewitter zusammen, das man durch die Glasfenster des Cafés herannahen sehen kann. Das Buch ist kurz und intensiv und bildet zwischenmenschliche Beziehungen erstaunlich präzise ab.

Philippe Besson veröffentlichte 2001 seinen ersten Roman, Zeit der Abwesenheit, für den er mit dem Prix Emmanuel-Roblès der Akademie Goncourt ausgezeichnet wurde. 2002 folgte Sein Bruder, von Patrice Chéreau (Intimacy) verfilmt und auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären bedacht. L’Arrière Saison ist sein dritter Roman (Gran Prix RTL-Lire), es folgten Eine Italienische Liebe und Les jours fragiles, ein Roman auf den Spuren Arthur Rimbauds, der ebenfalls noch nicht auf Deutsch erschienen ist.


Philippe Besson: "L'Arrière Saison". -Paris: Collection Pocket, Herbst 2004|191 Seiten; 5 Euro| ISBN: 2266136070| Amazon.fr

Vom Leben und Sterben in den Niederlanden



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Warum hat Siem Merkelbach, Entdecker der niederländischen Provinz und Verfechter des Landstraßenblues, seinem Leben ein Ende gesetzt? Auf der Suche nach einer Antwort muss sich Justus eingestehen, dass der geliebte Onkel ein Fremder war und ich, sagt er, bin »höchstens Zeuge, Zuschauer, treuer Helfer, entfernter Neffe, anderer Leute Kind.«

Justus ist Zeuge, da er sich nach und nach der Ereignisse besinnt, die zum Selbstmord des Onkels führten; er ist Zuschauer, da er zu schwach war, seinem Idol entgegenzutreten; er ist treuer Helfer, da er dessen Verfehlungen deckte, immer wieder; er ist entfernter Neffe und nicht mehr als anderer Leute Kind, da er eben nicht der Verbündete war, der er zu sein hoffte. Am Ende weiß Justus nur eines: er ist mutterseelenallein. Der Onkel, an dem er sich reiben, den er lieben und hassen, verehren und verachten konnte, ist fort, und mit ihm sein ganzer Lebensinhalt.

Zwagermann gelingt eine präzise Charakterstudie und er bedient sich dazu einer mal sarkastischen, mal humorvollen und doch immer sensiblen Sprache. Es wird klar, dass Siem sein Leben bewusst verspielt hat, dass die wahren Opfer die Hinterbliebenen sind, gefangen in einem Netz aus Schuld, Scham und Selbstvorwürfen. Es gibt keine genaue Antwort auf die Frage nach dem Warum. Ein letzter Rest Unverständnis wird immer bleiben. Und die Leerstelle, die ein solcher Tod in unser Leben reißt, wird sich nie füllen lassen.

Joost Zwagermann ist neben Connie Palmen, Harry Mulisch, Maarten't Haart und Cees Nooteboom einer der bekanntesten niederländischen Autoren, den es in Deutschland jedoch noch zu entdecken gilt. Hoffen wir, das dieses kleine Werk sein Publikum findet, denn den Fragen, die hier aufgeworfen werden, wird sich jeder von uns irgend wann einmal stellen müssen.


Joost Zwagermann: »Onkel Siem und die Frauen«. – Köln: Kiepenheuer & Witsch, Februar 2005 | 220 Seiten; 17,90 €; ISBN: 3-462-03456-1 | Amazon.de | Buecher.de

Die Unerstaunlichkeiten des Max Tivoli



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Max Tivoli sitzt in einem Sandkasten und schreibt seine Memoiren. Sein Gesicht ist spitzbübisch, sein helles Haar zerzaust. Er sieht aus wie jeder andere kleine Junge auch. Sein Geheimnis: er ist sechzig Jahre alt! Als Greis geboren, wird er immer jünger werden, um als alter Mann im Körper eines Babys zu sterben.

»Sei, wofür sie dich halten«, fleht die Mutter angesichts der brutalen Welt und so richtet sich Max in seinem Körper ein. Einsam wird er sein, schluchz, einen Freund nur wird er haben. Und Alice, um die sich von Anfang an alles dreht, wird er seine Liebe erst gestehen, wenn sie sich in mittlerem Alter in ihrer Entwicklung kreuzen. Das Glück, das er mit Alice erfährt, wird nur kurz währen und ihm einen hohen Preis abverlangen, denn Max muss sich immer wieder von geliebten Menschen trennen, um sein Geheimnis zu wahren.

Und hier liegt das Problem des brillant geschriebenen Romans: Greer legt zu viel Wert auf eine im Grunde beliebige Liebesgeschichte, als dass er seine Hauptfigur in einen gesellschaftlichen Kontext setzen würde. Die Außenwelt reagiert nicht auf Max und Max nicht auf sie. Stattdessen dominieren Max innere Konflikte, während sich das übrige Personal wie Möbelstücke verhält, die ausrangiert werden, sobald sie den unbeschwerten Fluss der Handlung stören, um dann zurück in ihre sich auf Dienlichkeit beschränkende Position gerückt zu werden.

Leider, muss man daher sagen, schöpft Greer das Potential seiner Thematik nicht aus. So plätschert der stilistisch tadellose Roman, der mühelos vielschichtig das San Francisco des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts auferstehen lässt, nach einem fulminanten Start ohne Überraschungen vor sich hin.

Max Tivolis Geschichte ist weniger erstaunlich als langweilig und am Ende – man ahnt es nicht nur, sondern weiß es schon – wartet nur der Tod.

Trotz allem könnte es sich lohnen, auf Greers nächsten Roman zu warten oder einen Blick in einen seiner ersten Titel zu wagen: How it is for me, 2000, und Die Nacht des Lichts, 2003, letzterer Titel ebenfalls bei S. Fischer.


Andrew Sean Greer: »Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli«. – Frankfurt a. M.: Fischer, Februar 2005 | 348 Seiten; 19,90 €; ISBN: 3-100-27815-1 | Amazon.de | Buecher.de

Random Love



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Die Liebe ist wie ein Meer: mal liegt es glatt und ruhig da, mal bringt ein sachter Wind die Oberfläche zum Zittern, mal peitscht ein Sturm Wellengebirge auf, die alles unter sich begraben.

Da ist die naive Klara, die die Welt durch die rosarote Brille sieht und nur das Gute im Menschen vermutet, bis sie erfährt, dass ihr Freund Jan sie mit ihrer besten Freundin Sylvie betrügt. Und Sylvie, die sich mit ständig wechselnden Partnern betäubt, muss ihrerseits lernen, was es heißt, sich einem Mann hinzugeben, der einen benutzt, demütigt und fallen lässt.

Auch Georg und Judith, die seit über zwanzig Jahren im sicheren Hafen der Ehe ankern, werden zurück aufs offene Meer gespült. Georg beginnt eine Affäre mit einer seiner Schülerinnen, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Als er das Ruder herumreißen will, ist es zu spät, Judith verlässt ihn, verwirklicht sich nach Jahren des frustrierten Hausfrauendaseins und findet eine neue Liebe.

Annette Mingels Prosa ist analytisch, klar und ohne Ressentiments. Ihre präzise gezeichneten Figuren sind Spielbälle des Schicksals; auf der Suche nach Glück setzen sie wie beiläufig Ereignisse in Gang, die rasch an Fahrt gewinnen, sich nicht mehr kontrollieren lassen und denen sie, möglichst ohne zu viel Schaden zu nehmen, ihren Lauf lassen müssen, bevor sie wieder in sichereren Gefilden segeln. Das Leben geht eben nicht immer in die gewünschte Richtung. »Die Liebe der Matrosen« ist ein überlegter, ein vielstimmiger Roman, der aufgrund seiner universellen Thematik ohne Schwierigkeiten den Raum zur Identifikation öffnet.


Annette Mingels: »Die Liebe der Matrosen«. – Köln: DuMont Literatur und Kunst Verlag, März 2005 | 345 Seiten; 19,90 €; ISBN: 3-832-17914-3 | Amazon.de | Buecher.de

PDF-Magazine. Ein Überblick (1)



pdf Mit einigem Recht kann man die immer zahlreicher werdenden PDF-Magazine als neue Form des klassischen DIY-Fanzines verstehen: Ein paar Nerds nageln da just aus Liebe zum jeweiligen Thema eine Zeitschrift zusammen, deren Verbreitung allein durch Mundpropaganda (a.k.a. Links und Forenbeiträge) gewährleistet wird. Profitgedanken stecken so gut wie nie dahinter, wer würde auch schon Geld für eine Datei ausgeben?

PDF bietet dabei ein plattformunabhängiges – wenn auch nur mit einer beschränkten Zahl an Programmen lesbares – Format, das die Möglichkeiten der althergebrachten Fanzines um ein Vielfaches erweitert. Das reicht von der nun obligatorischen Farbe, die im klassischen Fanzine-Printbereich kaum denkbar oder nur durch massive Werbung bezahlbar wäre bis hin zu multimedialen Features wie der Möglichkeit, Videos und Sounddateien zu implementieren, das Heft intern wie extern zu verlinken oder Formularfelder einzubauen. Leider werden diese Möglichkeiten bislang kaum genutzt. PDF wird offenbar immer noch nur als digitales Papier verstanden, dabei bieten sich gerade im kreativen Bereich zahlreiche Funktionen geradezu an.

Die ersten mir bekannten PDF-Magazine kamen, dem Format entsprechend, aus ebenjenem Design- und Foto-Bereich, inzwischen ist die Bandbreite an Themen aber massiv erweitert worden. Was aber so gut wie alle Projekte eint, ist die Hingabe zu einem Thema, ohne die kostenlose Magazine damals wie heute kaum machbar sind.

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Cuemix | Los geht’s mit einem von Michael Mück herausgegeben Magazin, das in der Nähe meines Heimatortes Aachen entsteht. Cuemix beschäftigt sich mit elektronischer Musik im weitesten Sinne. Redaktionelle Professionalität spiegelt sich in Artikeln zu und Interviews mit Sage Francis, dem Shitkatapult-Label oder auch Diplo wider. Bisher erschienen zwei Augaben zu den Themen »Different words for different people« und »Nichts ist, wie es scheint«. Besonders erwähnenswert erscheint mir die Zweisprachigkeit: Jedes Magazin erscheint sowohl in deutsch wie auch in englisch.

Verantwortlich für das Design zeichnet übrigens niemand geringeres als Holger Kochs of Pale-Fame (Pale-Blog). Leider klebt das Layout allzusehr an der imaginären Print-Ausgabe. (Annäherndes) DinA3, immerhin im Querformat, mag für Zeitschriften okay sein, das Betrachten am Bildschirm wird durch die ewige Rumscrollerei eher erschwert. Auch die Größe – Augabe #2 nimmt stolze 13 MB Platz auf der Festplatte ein – ist unangemessen. 200dpi-Fotos sind auf dem PC schließlich so nützlich wie ein Kropf und wer druckt sich das schon aus? Abgesehen von diesen Problemen, bleibt trotzdem ein ansprechend layoutetes Mag mit schöner Typo und guten Texten. Die Ausgabe #3 ist für diesen März geplant.

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Mono | Bisher erschien eine Ausgabe des vom Layouter Serge H. Goerke herausgegebenen Mono-Magazins. Monothematisch (daher der Titel) unter dem Claim »clone me tender« stehend präsentiert sie zwischen interessantem Experiment und klassischer Dokumentar-Photographie changierend Photoarbeiten und Illustrationen von sieben Redaktionsmitgliedern. Die Fixierung auf das Bild allein soll indes mit und mit abgelegt werden: Text- und Beiträge aus anderen Künsten sollen in den nächsten Ausgaben Mono auflockern.

Die Möglichkeiten, die PDF bietet, werden hier zwar nicht voll, dem Thema und Beiträgen entsprechend aber ausreichend ausgenützt. Das Magazin präsentiert sich als eine Art Slideshow und kann so intuitiv mit Mausklicks (Linksklick vorwärts, Rechtsklick rückwärts) durchblättert werden.

Die nächste Ausgabe erscheint zum Thema »made in germany«

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Vektorika | Wie der Name schon andeutet ein Magazin mit nichts als Vektor-Illustrationen. Die aktuelle Ausgabe 6 steht unter dem Titel »Beauty« und versammelt illustre (Ha!) Arbeiten verschiedener Grafiker aus aller Welten Länder, von den USA bis Deutschland, von Indonesien bis Kanada. Viel mehr als Fingerübungen scheinen die Illustrationen dabei meist nicht zu sein, viele Stile kennt man aus der Werbung und hippen Editorialdesigns.

Nichtsdestotrotz wissen einige Beiträge zu begeistern und zeugen von einer Auffassung von »Illustration«, die sich jenseits der abgenudelten Wege althergebrachter flächiger Vector-Art positionieren. Betrachtet man den Werdegang des Magazins kann man sich sicher sein: Da geht noch einiges. Denn mit dem Umfang und den teilnehmenden Grafikern stieg auch die Qualität. Dennoch kann man sich nicht des Eindrucks verwehren, dass hier Schubladenarbeiten renommierter Grafiker mit denen von Laien vermengt werden.

Übrigens geben die Macher Vektorikas in Zusammenarbeit mit Vectorized Me auch einen für den Druck optimierten PDF-Kalender heraus, der hier heruntergeladen werden kann.

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to be continued …


Sabine Christiansen erschießen



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Allsonntäglich entfaltet sich ab 20 Uhr die neue deutsche TV-Dreifaltigkeit: Tagesschau, Tatort, Talk mit Sabine Christiansen. Nach den Mythen der Tagesschau (Staatsmänner, Kriege, Katastrophen, Sport) und den tröstlichen Gewissheiten des Tatorts (Alle haben Dreck am Stecken) sondiert Sabine Christiansen das Gesellschaftsterrain. Unerbittlich stellt sie Fragen, die in das Dunkel unserer Zukunft weisen. Es treten auf: die Lobbyisten und ihre Statthalter im Parlament. Multimillionäre warnen davor, dass es kurz vor zwölf sei. Aber, bitte sehr, man könne ja auch ins Ausland gehen. Politiker führen entschlossen das Drama der Sachzwänge auf. Die große Koalition der Dauerreformer gibt sich die Ehre. Fast noch wichtiger als das, was gesagt wird, ist, was systematisch nicht gesagt wird. Komplexe Themen werden dramatisch vereinfacht und fortan in diese Richtung öffentlich diskutiert. Insofern eignet sich diese Sendung wie keine andere, um zu begreifen, wohin die Deutschland AG steuert. (Klappentext)

Medienkritik ist wahrlich nichts neues. Von Platons Schriftkritik über Wittgenstein bis hin zu Luhmann und den Hyperlink-Theoretikern scheint das Thema derart beackert, dass die meisten nur noch müde abwinken: »Alles schon gehört, längst erledigt, Thema für Alt-Linke und Rhetorik-Spinner«.

Jaja, aber: Eine direkte Verzahnung der medien-/schrift-/kulturkritischen Theorien mit ihren praktischen Sujets scheint mir nur anhand von soziologischen Fallstudien zu existieren, deren Ergebnisse zwar verwertet, aber nicht von beliebigen Lesern direkt nachvollzogen werden können. Deshalb meine Freude über dieses Buch. Aha, dachte ich mir, da packt endlich mal jemand am konkreten Beispiel die Quasselrunde an den Eiern. Dachte ich. Geschnitten.

Denn obwohl der Klappentext, der Titel und das Umschlagbild eindeutig signalisieren, es gehe um ebenjene Talkshow »Sabine Christiansen«, will van Rossum eher den ganz großen politischen Bogen schlagen. Die Sendung scheint nur als Feigenblatt für die unverhohlene Neoliberalismus-Kritik van Rossums zu dienen. Natürlich hat diese Kritik ihre Berechtigung, immer mehr sogar. Aber van Rossum muss sich schon die Frage gefallen lassen, warum er dann das trojanische Pferd »Praktische Medienkritik« reiten muss. Zumal seine Analysen bisweilen ins Konspirative hineinragen. Wenn er zum Beispiel in stets gallig-polemischen Ton die Politiker, die Sendung und die Frau Christiansen in einen kausalen Zusammenhang setzt, als würden sie gemeinsam in den Katakomben des Bundestages das nächste Unheil aushecken, um den kleinen Bürger bluten zu lassen. An solchen Stellen geht van Rossum zu weit, weil er es sich zu einfach macht. Richtig dagegen seine (hier leider nur: impliziten) Beobachtungen zur gegenseitigen Einflußnahme von Politik und Medien und den dadurch produzierten Wahrheiten. Aber auch das kann man anderswo besser, tiefer und sorgfältiger argumentiert nachlesen (empfohlen sei hier Andreas Dörners »Politainment. Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft«).

Noch ein Buch muss erwähnt werden: Der von Stefan Münker und Alexander Roesler herausgegebene Reader »Televisionen« befasst sich mit der goldenen Vergangenheit, ernüchternden Gegenwart und – so die Herausgeber – düsteren Zukunft des Leitmediums Fernsehen. Highly recommended!

[Nachtrag: »Die Gastgeberin, von Anbeginn ihrer Laufbahn darin geübt, einen nicht vorhandenen Verstand zu simulieren, spricht analog ihrer Sendung eine Bedeutung zu, die sie nicht hat«]


Walter van Rossum: »Meine Sonntage mit ›Sabine Christiansen‹. Wie das Palaver uns regiert«. – Köln: Kiepenheuer & Witsch 2004, 3. Auflage [=KiWi Paperback 831] | 185 Seiten; 8,90 €; ISBN: 3-462-03394-8 | Amazon | Buecher.de

Andreas Dörner: »Politainment. Politik in der medialen Erlebnisgesellschaft«. – Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001, 1. Auflage [=edition suhrkamp 2203] | 256 Seiten; 11 €; ISBN: 3-518-12203-7 | Amazon | Buecher.de

Stefan Münker, Alexander Roesler (Hrsg.): »Televisionen«. – Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, 1. Auflage [=edition suhrkamp 2091] | 239 Seiten; 7 Abb.; 10 €; ISBN: 3-518-12091-3 | Amazon

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