Erstaunlich wenig verkatert startete der Samstag mit einem eher traurigen Frühstück auf der Deutzer Hauptstrasse (naja, das, was die Deutzer so Hauptstrasse nennen). Traurig weil sich auch nach einer halben Stunde Suche nur Tschibo- und Kamps-Filialen als Cafés anboten. Der Niedergang der Frühstückskultur durch geschmacklos eingerichtete Massenabfertigungsläden. Neben mir bevölkerten vor allem Omas und übel riechende Hosenträgerträger die deprimierende Stätte. Also schnell Brötchen, Croissants und Kaffee runtergeschlungen, die neue brand eins (Titel: »ARBEIT. Nie wieder Vollbeschäftigung«: Yeah!) am Bahnhof besorgt und ab auf’s noch leere Festivalgelände. Dort dann in angenehm wärmender Sonne die neuesten Arbeitsverweigerungsstrategien inhaliert und
Hund am Strand beim soundchecken zugeschaut.
Die geschätzt fünfzig Leute, die sich dann schließlich zu Beginn des Programms für
Hund am Strand vor der Bühne versammelten, schienen ob der Darbietung ähnlich gelangweilt wie ich. Das freundlichste Adjektiv mit dem dieser Auftritt noch zu bescheiden wäre: nett. Ziemlich verkrampft war das Ganze dann tatsächlich und erinnerte daran, dass da jemand gerne die frühen Blumfeld gehört hat und nun seine Zulassungsbescheinigung zur Hamburger Schule verlegt hat. Naja, aber nett waren sie.
Benjamin Diamond war dann auch eher Richtung medioker tendierend. Nette Musik für nette Menschen mit netten Absichten. Da konnte der gute Mann noch so sehr schwitzen, gekitzelt hat mich da jar nüscht. Vielmehr schien da ein Profi sein Profiprogramm abzuspulen, inspiriert geht anders. Bot mir aber immerhin die Ausrede, das erste Bier des Tages zu trinken. Langweilige Musik macht mich Alkoholiker.
Den ersten Lichtblick des Tages bot dann aber die am Vortag noch als »Amy« (?!) angesagte
Annie, die mit den Op:l Bastards als Knöpfchendreher und Pornobrillenträger schön vor sich hingroovte. Ein wenig arg schüchtern wirkte sie schon, wie sich sich so an ihrem Mikroständer festklammerte, war mir dann aber lieber als das professionelle Entertainment des Herrn Diamond. Genau wie im letzten Jahr T.Raumschmiere hätte ich ihr aber eher einen Auftritt im Club gegönnt (abends im Gebäude 9 als Ersatz für Hund am Strand zum Beispiel). Der Tanzlust des Publikums hätte es bestimmt nicht geschadet.
Ladies and Gentlemen, Auftritt
Hard-Fi. Oha. Waren mir nur durch zwei Songs bekannt, die ich jetzt nicht sooo umwerfend fand. Aber hallo, großer Irrtum. Manchester Rave is back und hat was Feines mitgebracht. Die letzte Restmüdigkeit wurde mir spätestens mit dem formidablen »7 Nation Army«-Cover aus den Knochen gerockt. Erinnerte mich teilweise sehr an Oasis, als deren Arroganz noch nicht so ganz Selbstzweck war und sich noch auf gute Songs stützen konnte. Manchmal etwas sehr Stadionrock, aber alles noch in vertretbaren Dosen. Sehr fein.
Tomte (
Blog) sind ja ne sichere Bank. Da können sie noch so schlecht abgemischt werden (wie diesmal), da können noch so viele Saiten zu Bruch gehen (wie diesmal) und Kabel geknickt werden (wie diesmal); sobald Thees ins Publikum schnoddert, ist Sonnenschein angesagt. Zwei neue Songs gab’s zu hören, »New York« und irgendwas mit Arbeitstitel »Angela Merkel, blablabla«, schien mir beides gewohnt gute Tomte-Kost zu sein, viel mehr kann ich aufgrund des üblen Sounds aber nicht rekonstruieren. Thees hielt nach Bekannten im Publikum Ausschau (»Ah, der Venker, der schaut wohl so böse, weil ich ihn nicht zurückgerufen habe« etc.) und beschied einem sich anbiedernden Zuschauer »Dich kenne ich nicht. Du hast mir doch höchstens mal inner Kneipe Feure geben dürfen.« Haha. Tomte eben. Sichere Bank.
Maximo Park. Hallo? what’s the fuzz all about?
Saint Etienne hatte ich nun ganz anders im Kopf. Meine Synapsen bitte mir da Verküpfungen zu sanft housig und Chanson an, davon war aber nicht viel zu spüren. Nicht, dass es schlecht gewesen wäre. Aber wenn man gegen Ende des Auftritts meint, lediglich einen Song gehört zu haben, stimmt etwas nicht. Abwechslung scheint deren Sache nicht zu sein und der Glamour und Glitter, den das Shirt (?) von Madame Etienne versprach, konnte ihre zu leise Stimme dann nicht halten. Bonus allerdings durch Sonnenuntergangs-Stimmung und allgemeine Blue-Hour-Mood meinerseits.
Nun stand zur Wahl:
Gebäude 9 mit den schon morgens als belanglos gebrandtmarkten Hund am Strand oder Kunstwerk mit
Areal /
Sender /
Freude am Tanzen-Label-Party feat. Basteroid, Metope, Wighnomy Brothers und weiteren Freaks.
Nach einer sehr leckeren Pizza in der empfehlenswerten Lokalität gegenüber des G9s, die uns von zwei etwas, nunja, verwirrten Oberinnen (?) serviert wurde, entschieden wir uns nach dem ganzen Indie-Gitarren-Overkill für letzeres. Während Upstairs irgendwelcher Drum’n’Bass-Kram (mit allerdings sehr schönen Visuals von Lichtsport, Köln und Notch & Bead, Berlin) wütete, füllten sich Downstairs die Katakomben sehr rasch. Es darf geschwitzt werden. Meine Güte, war das heiß. Die Soße tropfte von der Decke in die Augen und nahm einen das letzte bißchen Augenlicht. Macht aber nix, man hatte ja ohnehin nicht mehr Ausblick ausser den zwei Quadratzentimetern Nacken des vor einem Tanzenden. Ja, es war voll. Und so laut, dass ich irgendwnn auch nicht mehr vermochte, irgendwelche (natugemäß sowieso rar gesähten) Feinheiten im Soundmischmasch auszumachen. Egoexpress’ Überhit »Knartz IV« lief, »Rabimmel« natürlich und »Against Luftwiderstand« konnte ich auch noch ausmachen. Und ab dann fragte ich mich stets nur noch, ob es sich nun um extrem ekeliges Phasenpiepsen oder doch um einen Tinnitus handelte.
Nun gut, wir überstanden das ganze dann doch noch geschützt durch Betonwände im Nebenraum, tratschten über dies und das und verließen dann irgendwann das nicht leerer werden wollende Kunstwerk. Während die anderen sich auf zum Deutzer Bahnhof machten, beschloß ich doch noch mal eben bei
A chim durchzuklingeln, der witzigerweise noch ebendort verweilte, wo wir gerade rausgekommen waren. Egal, nach Hause jetzt, Schlaftüte gepackt und die Zugfahrt komplett durchgeschlafen.
Danke, Markus. Danke, Spex. Looking forward to c/o Pop 2006.
[Und danke für die Photos,
Eike.]