Tomte – 15.03.2006
Wer weiß schon, was schief gehen kann bei einem Tomte-Gig. Ich wusste es nicht, und bin auch jetzt, Tage nach ihrem erneuten Wienbesuch im Flex noch ratlos darüber, warum es denn nun eigentlich nicht klappen wollte mit uns.
Denn eigentlich – und jeder der Tomte mal live gesehen hat, weiß das – handelt es sich um eine Band, die für Konzerte wie geschaffen ist. Mit einer gut abgestimmten Crew an Musikern, die nichts runternudeln, weil es ihr Job ist, sondern mit Leidenschaft und Herz jeden Song dem Publikum wirklich auf den Knien SCHENKEN und genau wissen, dass diese Songs Leben retten können. Mit Thees, einem Sänger und Frontman, der weit mehr als nur Lyrics mit geschlossenen Augen runterbetet, sondern auch (und vor allem) ERZÄHLT, zwischen den Songs unterhält und einen mit Input füttert, der auf den Platten nicht zu finden ist, der einem erst so richtig das ganze Phänomen »Tomte« erschließt. Dieses Phänomen, das spätestens 2003 die deutschsprachige Gitarrenmusiklandschaft bis zur Unkenntlichkeit verändert hat. Und jetzt 2006 mit »Buchstaben über der Stadt« ein selten einzigartiges Statement der Liebe und der Passion abgeben hat. Der Erfolg ist jetzt Platz 4, statt Platz 50 der deutschen Albumcharts, die Sellout-Rufe selbstverständlich in aller Munde (vielleicht war es auch das, was der verirrte Austria-Fan an jenem Flex-Abend nach dem Spiel auch aus der letzten Reihe in bester Stadionmanier nach vorne gebrüllt hat).
Also sagen wir es so: Die, die meinen, Tomte könnten nun keine guten Konzerte mehr geben, weil sich Thees so verändert hat, und nun erfolgreich ist und eine zufriedene Platte aufgenommen hat, die schießen sicherlich vorbei an dem, was im Flex los war. Das alles wären Gründe, die neue Platte für sich persönlich abzulehnen oder dergleichen, aber das Donauinselfest letztes Jahr (welches die vielleicht beeindruckendste Konzerterfahrung für die Band darstellt, was auch fotographisch samt Panoramablick auf die 20.000 Fans bei der FM4-Bühne im Booklet zu »Buchstaben über der Stadt« festgehalten wurde) oder das heurige FM4=11-Fest in der Arena konnten beweisen, dass die neuen Songs, dieser vielbeschworene »neue Thees« und der ebenso vielbeschworene Sellout nichts an der Perfektion und dem Tomte-Feeling eines Konzerts ändern konnten. Nein, Tomte sind und bleiben eine der besten deutschen Livebands überhaupt, und mit dem neuen Album und dem neuen Erfolg ist das Einhergehen mit größeren Konzerthallen nur für die eklige »Ich kannte Tomte schon, da haben die alle in die Windeln geschissen.«-Fraktion ein Problem. Ich gönne ihnen diesen Erfolg und diese Hallen, diese – wenn ihr so wollt – »Massen«.
Warum der Flex-Gig also mein erster nicht-grandioser Tomte-Abend war lässt sich so also nicht erklären. Vielleicht war die Abmischung etwas unstimmig, vielleicht war es die Stickigkeit eines Indoorevents, da ich Tomte bisher nur Open Air erlebt habe. Aber da bekannt ist, wie sehr Tomte Wien vergöttern, und wie viel sie der Stadt (und FM4) verdanken, und es auch bei jedem Gig hier in glitzernden Sympathiebekundungsanekdoten bezeugt wird, wissen wir, dass Tomte wieder kommen werden. Und auch wenn es dann im Gasometer wäre, ich würde ihnen wieder eine Chance geben. Denn es ist diese Schönheit der Chance, die einen auch immer wieder auf diese Band zurückbringen wird, egal wie hoch die Chartsplatzierung dann sein wird.
in: concert.diary | von: wiesengrund | 20. Mär, 16:17
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