Emir Kusturica & The No Smoking Orchestra – 11.04.2006


»This concert is dedicated to the victory of Prodi and the defeat of Berlusconi!« sprach er mit Roten Stern am Hut und Che am Shirt.


Was kann ich über das Live-ERLEBNIS des No Smoking Orchestras noch sagen, was ich nicht schon hier gesagt habe? Die Schmähs und Pointen, Witze und Showeinlagen sind dieselben geblieben. Geändert hat sich wieder mal der Kontext, die politische Lage, und die anknüpfenden Fragestellungen. Dieses Mal eröffnet die sowjetische Hymne das Konzert. Dieses Mal ist Ziehharmonikaspieler Slobodan Milosevic nicht »straight von Sheveningen« wie anno 2004, sondern »straight from heaven«. Dieses Mal trägt Emir Kusturica ein politisches Manifest vor sich her. Weil es die Lage erfordert.

Was aber gleich bleibt: Der Kessel. Das Publikum im Rausch, in absolut manischer Geisteskrankheit, taub an Bier und trunken an Schall, eine Meute an trampelender und klatschender Maniacs. Der musikalische Mix war ohne Frage perfekt, die ein zwei technischen Problemchen scherten kaum wen. Das Orchestra zeigte sich in Höchstform, bewies nach der Ansage, es würde nun eine Punk-Nacht folgen, dass bei ihnen Punk eben von Ska bis Jazz, von Techno bis Brass reicht. Beim endlos langen »Wanted Men«, wo auch die die meisten Showeinlagen vorgeführt wurden, mussten dann Ennio Morricone und Rockabilly, und kurz darauf dann auch Latin und Jimmy Page mitgedacht werden, um die Bandbreite dieses Experiments zu erfassen. Was auch immer wieder die Stärke und das Betonungswürdige am Orchestra ist: Es hängt nirgendwo fest. Es hat sich nicht auf’s Balkan-Dogma der punkigen Blaskapelle geeinigt, um der Welt Weltmusik zu bringen. Die Band, aus der das Orchestra hervorging, war eine astreine Punkband aus Sarajevo, die nichts anderes wollte, als Stooges mit Ramones zu kreuzen.

Und so klingt es dann eben auch, mit der feinen Weiterentwicklung, dass mit Emir »the best guitar player among directors, and the best director among guitar players« Kusturica auch seinen Filmstil, das surreale, groteske, närrische zu dem New Primitivism-Garagerock-Wurzeln hinzuaddiert hat, was den Mix explosiv und die Stimmung orgiastisch macht. Vor allem in dieser Phase ist es ein Wunder, diesen Herrn so lässig auf der Bühne tanzen zu sehen – ohne Frontman zu sein, der Stuhl gehört eben nur Dr. Nele Karajlić. Wenn man die Geschichte Kusturicas mitdenkt, und überlegt wie oft dieser Mann von den unterschiedlichsten Lagern vereinnahmt und für Partikularinteressen eingespannt wurde, mit den falschesten false dilemmas imaginable, dann wundert es nicht, dass er sich mit dem Orchestra einen Ort geschaffen hat, wo er frei aufspielen kann. Was für uns als Zuschauer immer wieder eine Party sondergleichen bedeutet, und somit einen der vielleicht besten Konzertabende, die man im europäischen Raum zurzeit so erleben kann.

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