The New Pornographers – 11.05.2006
Um auch hier endlich ihr famoses drittes Album »Twin Cinema« abzufeiern haben die New Pornographers gute Laune und eine schlicht großartig ausgelassene Bühnenperformance mitgebracht. If you got any energy left … use it tonight!
Sie sind einen langen Weg gegangen. Während sie in Kanada lange darum kämpften, nicht nur als Supergroup (also als Abklatsch der Ursprungsprojekte) wahrgenommen zu werden, kennen wir in Europa diese Nebenprojekte kaum. Auch wenn Neko Case grad solo endlich etwas Gehör bekommt und Daniel Bejar’s Solo-Ding Destroyer vielleicht mit der aktuellen Platte »Destroyer’s Rubies« endlich mal wahrgenommen werden wird. Das wird sich zeigen. Aber klar wurde letztes Jahr: Mit »Twin Cinema«, ihrem dritten Album, haben die New Pornographers auch bei uns jenen Bekanntheitsgrad erreicht, den sie eigentlich schon seit dem Debüt »Mass Romatic« von 2000 verdient hätten.
Und was für ein Meisterwerk »Twin Cinema« eben ist, kann einem am besten so ein Gig beweisen, wo diese Songs zum Leben erweckt werden. Auch wenn Neko Case wegen der laufenden Solo-Tour nicht da war, wurde sie von einer tollen Kathryn Calder vertreten. Broken Social Scenes Liveerlebnis nicht unähnlich wurde dieses personelle Problem quasi gar nicht bemerkt, weil sich einfach alles vollkommen richtig anfühlte. New Pornographers-Songs sind Herde glücklicher Euphorie, himmelhoher Endorphin-Überschüsse und unglaublicher Melodienschlichtheit, die einfach »Indierock« zu eng aussehen lässt, um dieses schlicht schwierig zu erfassende Monument zu verstehen, das da passiert. Dafür sorgen auch ihre immer wieder eingebauten Brüche, unübliche, oft holprigen Rhythmen, Refrains, die keine Refrains sind und ähnlicher Schabernack, der aber – keine Angst – auch live nie arty ist. Und auch wenn es mal einen straighten Ohrwurm gibt (wie es die Nr. 2 »Use It« war), hat man das Gefühl: Das ist genau das, was die Band (aus)macht. Anders geht’s nicht. Es ist genau so, und nicht anders richtig.
Als Zugabe gibt’s 15-Sekunden-Snippets aus der gesamten Musikgeschichte, inkl. »Take On Me«. Mit einer verliebten Geste des kindlichen Staunens verlassen wir die Szene, mit dem Wissen eine ganz große Band gesehen zu haben, die ihre ganz großartigen Songs hoffentlich noch ein paar Jahre lang in die Welt hinaus brüllen wird, bevor sie endgültig alle solo erfolgreich werden, und die New Pornographers nur ein Biographie-Abschnitt sein werden. Aber einer, den alle »legendär« nennen werden.
in: concert.diary | von: wiesengrund | 15. Mai, 10:11
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