Giant Sand - 10.02.2005
Die Wüste ist im Exil angekommen. Zur Präsentation seines aktuellen Album „Is All Over The Maps“ gastierte Howe Gelb in der Szene Wien vor vollem Haus. Gut gelaunt und gleichzeitig berührend.
Es darf nach Sex Pistols klingen. Der „Wüstenrock“ treibt in Dünen über die Landschaft des Publikums: Latinesque, jazzig, rockend-wie-die-Sau. Der Duft von Kakteen liegt in der Luft, und die Visuals auf der Wand liefern die passenden Bilder dazu. Giant Sand is all over the maps. Kein Fleck wird ausgespart von diesem Ungetüm an Kraft, Dichte und Leichtigkeit. Es darf auch nach Bob Dylan klingen.
Giant Sand werden von Dänen komplettiert, nachdem Joey und John (a.k.a. Calexico) sich von Howe Gelb getrennt haben. Was aber insofern nichts ausmacht, da die zentrale Rolle von Howe Gelb als Frontman, Sänger, Gitarrist, Entertainer, Motivator und Filmvorführer nie in Frage gestellt wird. Auch durch das Publikum nicht. Flirtversuche, billig oder nicht, werden ebenso billig oder nicht abgewiesen. Gelb hat Frau und Kinder, den Ehering versteckt er nicht. Er ist gut gelaunt an diesem Abend, verbreitet wohltuende Atmosphäre, scheint sich sehr sicher zu sein. Berechtigterweise, wird man nachher sagen können. Das Set von Giant Sand vereint vorzüglich alle großen Perlen dieser Musik. 20, 30 Jahre alte Singer/Songwriter-Stücke treffen auf krachenden Garage-Punk. Es ist ebenso flott und energetisch, wie still und zurückgezogen. Ebenso auffordernd, wie sophisticated.
Nur an einer Schlüsselstelle gibt Howe das Kommando aus der Hand… an einen, der es wohl selten wiedererlangen wird. Rainer Ptacek, 1997 verstorbener bester Freund von Howe, Gründungsmitglied von Giant Sand und selbst begnadetes Songwriter-Talent, übernimmt für die Dauer eines Songs die Aufmerksamkeit des Publikums. Ein Videomitschnitt eines seiner Konzerte fügt sich in das Giant Sand-Set ein, und füllt somit auch die Lücke auf, die der Tod von Rainer in den Fans seiner Musik hinterlassen hat. Howe lächelt.
Es bleibt die Erinnerung an einen wunderschönen Abend, der gezeigt hat, dass Howe Gelb (unter welchem Name er auch immer veröffentlicht) nach 30 Jahren Musikmacherei immer noch nicht genug hat. Und dass ihm dankenswerterweise die Ideen noch lange nicht ausgegangen sind.
in: concert.diary | von: wiesengrund | 14. Feb, 19:23
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