Adam Green - "Gemstones"
Ein Wunder, der Kerl. Was mal den Stil »Anti-Folk« betiteln sollte, wurde in seinen Händen zu einem der konsensfähigsten und erfolgreichsten Musikphänomene unserer Zeit – in Europa, wohlgemerkt. Seine Heimat Amerika, wo seine Texte nicht halbaufmerksam gelesen werden wie bei uns, wird mit seiner pubertär-subversiven Naivität nicht warm. Adam Green greift schließlich auch tief amerikanische Mythen an, wenn er den Indie-Sinatra mimt oder Jessica Simpson lieblos tituliert. Allein die unterschiedlichen Lesarten seiner Musik, die möglichen ironischen Brechungen und verzwickten, aber unaufdringlichen Um-die-Ecke-Hüpfer, erklären zum Teil seine Kredibilität bei der Ö3- wie auch bei der suhrkamp-Kundschaft. Sein gerade erschienenes Buch »Magazine« wird immerhin von Thomas Meinecke übersetzt und soll das » »On The Road« meiner Generation« sein.
»Gemstones«, die Fortsetzung dieser Erfolgsstory, ist der Soundtrack zum Broadway, den Adam Green die letzten Jahre auf- und abgegangen ist. 15 weitere Pop-Perlen, die vielleicht etwas reifer wirken als diejenigen vom Hit-Vorgänger »Friends Of Mine«, die aber trotz allem funkeln, sich winden, deren Themen und Hauptfiguren öfter sterben oder wechseln als es den identifikationssüchtigen Zuhörern lieb ist. Die bei der letzten Tour quasi unterwegs geschriebenen Songs leben irgendwo zwischen Mythos und Wirklichkeit, und stellen ein kaum ergründbares, weil vielschichtig verwobenes und gleichzeitig leeres Sprachspiel dar. Hätte die Postmoderne das »Genie« nicht umgebracht, wäre er vielleicht der neue Dylan.
VÖ: 10.01.2005 auf Rough Trade
INFO: www.adamgreen.net
in: platten.kritk | von: wiesengrund | 15. Feb, 17:43
3 Kommentare | Kommentar verfassen | 0 Trackbacks
txt - 15. Feb, 17:53
Schöner Schluß.
Aber meinst du nicht "»Magazine« ... soll das »Howl« meiner Generation" sein? Und was ist Ö3?
Aber meinst du nicht "»Magazine« ... soll das »Howl« meiner Generation" sein? Und was ist Ö3?
wiesengrund - 15. Feb, 18:06
Backcovertext
Dort steht geschrieben "Ich werde das "Unterwegs" für meine Generation schreiben. Es wird "Bleib zu Hause" heißen."
Ich will mich nicht auf die Frage einlassen, ob "Howl" an der Stelle schlimmer wäre, als es "On The Road" schon ist. :-)
Ehrlich gesagt, habe ich etwas Angst vor dem Buch. Und vor seiner Selbstüberschätzung. Kerouac da heranzuziehen ist schon 'n Ding...
Und Ö3: Erflogreichster Radiosender dieses Planeten. Fast halb Österreich (3 Millionen) als Hörer und DER Messtab für "Radiotauglichkeit". Hier floriert ja noch sowas wie "Mainstream"... :-)
Ich will mich nicht auf die Frage einlassen, ob "Howl" an der Stelle schlimmer wäre, als es "On The Road" schon ist. :-)
Ehrlich gesagt, habe ich etwas Angst vor dem Buch. Und vor seiner Selbstüberschätzung. Kerouac da heranzuziehen ist schon 'n Ding...
Und Ö3: Erflogreichster Radiosender dieses Planeten. Fast halb Österreich (3 Millionen) als Hörer und DER Messtab für "Radiotauglichkeit". Hier floriert ja noch sowas wie "Mainstream"... :-)
txt - 15. Feb, 18:36
überheblichkeit
ist eine zierde dieser tage. nein, im ernst: auf das große-sprüche-klopfen kann man bei verlagen und erst recht bei musikern nicht verzichten.
was howl angeht, wäre der vergleich schon stimmiger, von wegen lyrik und so. aber der gute muss ja wissen in welches nest er sich setzt. eine freundin hat das buch für die örtlichen zeitungen rezensiert. ich bin mal so frei und zitiere: "Eines merkt der mit dem musikalischen Werk Greens vertraute Leser jedenfalls sofort: Seine Gedichte sind fern von der Eingängigkeit und Leichtigkeit seiner Akkorde. Wer sich dennoch darauf einlässt, erlebt vielleicht einige dieser kleinen Momente des Sich-Selbst-Entdeckens, die die assoziative postmoderne Lyrik uns manchmal beschert". wie so oft also: nichts wird so heiss gegessen etc. ...
was howl angeht, wäre der vergleich schon stimmiger, von wegen lyrik und so. aber der gute muss ja wissen in welches nest er sich setzt. eine freundin hat das buch für die örtlichen zeitungen rezensiert. ich bin mal so frei und zitiere: "Eines merkt der mit dem musikalischen Werk Greens vertraute Leser jedenfalls sofort: Seine Gedichte sind fern von der Eingängigkeit und Leichtigkeit seiner Akkorde. Wer sich dennoch darauf einlässt, erlebt vielleicht einige dieser kleinen Momente des Sich-Selbst-Entdeckens, die die assoziative postmoderne Lyrik uns manchmal beschert". wie so oft also: nichts wird so heiss gegessen etc. ...
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