Die Unerstaunlichkeiten des Max Tivoli



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Max Tivoli sitzt in einem Sandkasten und schreibt seine Memoiren. Sein Gesicht ist spitzbübisch, sein helles Haar zerzaust. Er sieht aus wie jeder andere kleine Junge auch. Sein Geheimnis: er ist sechzig Jahre alt! Als Greis geboren, wird er immer jünger werden, um als alter Mann im Körper eines Babys zu sterben.

»Sei, wofür sie dich halten«, fleht die Mutter angesichts der brutalen Welt und so richtet sich Max in seinem Körper ein. Einsam wird er sein, schluchz, einen Freund nur wird er haben. Und Alice, um die sich von Anfang an alles dreht, wird er seine Liebe erst gestehen, wenn sie sich in mittlerem Alter in ihrer Entwicklung kreuzen. Das Glück, das er mit Alice erfährt, wird nur kurz währen und ihm einen hohen Preis abverlangen, denn Max muss sich immer wieder von geliebten Menschen trennen, um sein Geheimnis zu wahren.

Und hier liegt das Problem des brillant geschriebenen Romans: Greer legt zu viel Wert auf eine im Grunde beliebige Liebesgeschichte, als dass er seine Hauptfigur in einen gesellschaftlichen Kontext setzen würde. Die Außenwelt reagiert nicht auf Max und Max nicht auf sie. Stattdessen dominieren Max innere Konflikte, während sich das übrige Personal wie Möbelstücke verhält, die ausrangiert werden, sobald sie den unbeschwerten Fluss der Handlung stören, um dann zurück in ihre sich auf Dienlichkeit beschränkende Position gerückt zu werden.

Leider, muss man daher sagen, schöpft Greer das Potential seiner Thematik nicht aus. So plätschert der stilistisch tadellose Roman, der mühelos vielschichtig das San Francisco des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts auferstehen lässt, nach einem fulminanten Start ohne Überraschungen vor sich hin.

Max Tivolis Geschichte ist weniger erstaunlich als langweilig und am Ende – man ahnt es nicht nur, sondern weiß es schon – wartet nur der Tod.

Trotz allem könnte es sich lohnen, auf Greers nächsten Roman zu warten oder einen Blick in einen seiner ersten Titel zu wagen: How it is for me, 2000, und Die Nacht des Lichts, 2003, letzterer Titel ebenfalls bei S. Fischer.


Andrew Sean Greer: »Die erstaunliche Geschichte des Max Tivoli«. – Frankfurt a. M.: Fischer, Februar 2005 | 348 Seiten; 19,90 €; ISBN: 3-100-27815-1 | Amazon.de | Buecher.de

Monta – 31.03.2005


Image Hosted by ImageShack.usSelten wirkte ein Konzert so brüchig-berührend wie jenes von Tobias Kuhn a.k.a. Monta, der mit seiner Begleitband jenes Pop-Gefühls- wirrwarr hinterm Ofen hervorholt, das sonst nur von wenigen Momenten, Erlebnissen und Menschen berührt werden darf. Bei mir zumindest.





Sehr verdächtig. Und bei aller Leslie-Nielsen-Heraufbeschwörungsparanoia muss ich ehrlich gestehen: Bands wie Monta finde ich sehr verdächtig. Da ist die blasse Angst einerseits. Die Angst davor gefangen zu werden, die Angst davor in diese warmen Höhlen aufgenommen zu werden, wo man in Wirklichkeit nie hinwill, wo aber die Wärme eines Aufwachens nach dem vorangegangenen Breakdown auch am schönsten ist. Wo man süchtig wird danach. Und andererseits ist da dieses Coole, Lockere, Überlegene; dieses »der kann mir gar nichts tun, weil ich den eh verstehe.« Wirklich eklig, wenn ich so recht drüber nachdenke. Monta musste insofern einen harten Brocken überwinden, und es soll keiner behaupten es wäre »eh das leichteste, eingängige Songs zu schreiben.«

»Eingängigkeit« ist eine Thematisierung bei Monta, die der Sache nicht nur nicht gerecht wird, sondern auch außer Acht lässt, mit welcher Hingabe und Komplexität dieses Perlen-Pop-Universum, das er bietet, aufgesogen werden kann. Die Zerbrechlichkeit ist hier nicht Parole, sie ist beste Freundin und Hoffnungsträgerin dieser Musik. »Pathos-Pop« kann das allein deswegen schon nicht sein, weil Monta viel zu klein ist, um sich derartige wuchtige Attribute zukommen zu lassen. Wenn er »Long Live The Quiet« singt, bewegt er sich weg, immer weiter weg vom Mikro, und die kleine, aber erstaunlich gut gefüllte Rockhouse-Bar wird trotzdem erfüllt von seiner Stimme, seiner Sehnsucht und seiner Hymne an die Stillen unter uns. Und wie gerne wird man zu einem Stillen, einem Zuhörer, einem Betrachter dieser wunderschönen Geschichten und Lieder, die Monta uns präsentieren will.

Den Höhepunkt erklimmt Monta bei »I’m Sorry«, dieser vielleicht schönsten Gitarrenpop-Ballade des letzten Jahres, und er spielt diesen wahrhaft galaktischen Song mit einer Intensität und Ausdauer auf der Bühne, wie es der gute Fritz Ostermayer, der im zum Song gehörigen Video die Leidenden-Hauptrolle spielt, nie hinbekommen wird. Muss er ja auch nicht, ehrlich gesagt, »I’m Sorry« ist ein Manifest von einem Song, das ganz für sich alleine stehen kann. Aber mit Monta auf der Bühne hast du das Gefühl, als ob der Song neben dir Platz nehmen würde, um dich auf einen Drink einzuladen, und um dir zuzuhören, was selbstverständlich umso bedeutungsschwerer ist, je weniger man »Long Live The Quiet« verdaut hat.

Eigentlich hätte es hier noch viel mehr zu sagen gegeben, von wegen »Naked Lunch-Produktion« und wieder emporgehobene Erinnerungen an wunderschöne Sophia-Konzerte, aber ich denke, diese Höhlen müssen jetzt nicht ausgeleuchtet werden, dafür war Monta zu einzigartig. Zu nahe. Zu berührend. In den warmen Höhlen, die Monta selber gebaut hat mit seinen Songs, ist auf einmal Platz für mich. Ohne Angst. Und ohne Überlegenheit.

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