txt.news 07.12.2004



Auf Cinetext lohnt es sich immer wieder mal vorbei zu schauen. Die unregelmäßigen und langen Abstände zwischen neuen Veröffentlichungen werden durch die Qualität der Beiträge relativiert.

Der Bender-Verlag veröffentlicht online ein laufend erweitertes Lexikon der Filmbegriffe.

WikiNews geht an den Start und Telepolis berichtet. Erstaunlicherweise hat selbst Spiegel-Online das schon bemerkt

Diedrich Diederichsen erklärt warum Snoop Doggs neues Album »R & G: The Masterpiece« mühelos zwischen Consciousness und Pimpisms hin- und hergleitet.

Der Guardian betreibt lustige Götzenschändung. Vermeintliche Meisterwerke der Musik und des Films werden gnadenlos verrissen. Auch wenn man sich oft dran reibt, macht das schon sehr viel Spaß. [via Anke Gröner]

Call it »Strategische Allianz«: Die ZEIT veröffentlicht in Zusammenarbeit mit dem »Zentralen Verzeichnis Antiquarischer Bücher« (ZVAB) eine Bestseller-Liste der meistgekauften antiquarischen Bücher. Schaut man sich diese an, weiss man sofort, dass sie wohl ein etwas anderes Publikum repräsentiert als die Amazon-Bestseller: Über den Schmerz beim Erblicken von Hirnblase Scholl-Latour auf dem ersten Platz hilft Hannah Arendt doch locker hinweg. Schade, dass die Liste ohne genaue Verkaufszahlen auskommt. [via Buchblogger]

Atlas europäischer Filmkultur 1945-1998
»Der Atlas europäischer Filmkultur ist eine umfassende Bestandsaufnmahme des kulturellen Filmes aller europäischen Länder von 1945-1998. Ziel ist die Schaffung eines Netzwerkes europäischer Filmkultur.« Lohnt sich trotz großspuriger Ankündigung und mieser Navigation (nur über PDFs).

Das Bildblog ist zum Gewinner der Deutsche-Welle-BlogAwards in der Kategorie »Bestes jounalistisches Weblog in deutscher Sprache« gewählt worden. Zu Recht, wie ich finde.

Bitte, liebe »3sat Kulturzeit«, wenn Ihr schon einen an sich lobenswerten Beitrag über den »neuen Patriotismus in der Politik- und Kulturszene« bringt, dann hängt das doch bitte nicht an einem einzigen Lied (jajaja, Mia natürlich) auf. Es gibt soviel mehr Scheiße zu entdecken, da wirkt das ständige Einschlagen auf die intelligenzresistenten Berlin-Gutfinder ein wenig billig und geradezu so, als ob Mia unser einziges Problem wären.
Warum Ihr zu dem Thema Wifglaf Droste interviewt habt, verstehe ich schon. Allein: Das (Video) war wohl nix.
Und da wir gerade schon so nett beisammen sitzen, liebe Kulturzeit, wenn du meinst, es nötig zu haben, Musikvideos am Ende der Sendung zu spielen, um sich an das offenbar rar gesäte pop-affine Publikum anzuschmiegen, dann spiel diese Videos gefälligst auch aus. Sonst ist das nämlich alles nüscht. Danke. Ich bleibe Dir weiter verbunden.
Oh, noch was ganz kurz: Könntet Ihr bitte eurem Moderator Ernst A. Grandits mal einen Sprachkurs verordnen oder ihm zumindest vor der Sendung Johanniskraut verabreichen?

Freiheit und andere Irrtümer


»Oldboy« (Korea 2003, Chan-wook Park)
Kino

oldboy

Was uns in letzter Zeit aus den asiatischen Ländern an Filmen präsentiert wird, ist der schiere Wahnsinn. Nicht nur die stilistische Brillianz der Plots vieler Filme, auch die Zeichen einer anderen Filmsemantik bereichern die westliche Filmwelt in einer Art und Weise wie sie zuletzt vor hundert Jahren zu Beginn des Kinozeitalters von zunächst Amerika und später Rußland aus bereichert wurde. Dennoch glaube ich liegt man nicht falsch, wenn man zugleich eine verstärkte »Globalisierung« der Filmsprachen und -genres konstatiert. Klassische amerikanische Motivwelten wie die des Film-Noir werden in asiatischen Filmen wie in Ye Lous »Souzhou River« oder auch in vielen Mangas zitiert; umgekehrt hat die genuin asiatische Filmästhetik, die sich noch vor zehn Jahren vor allem in der Setgestaltung und den historischen Anklängen bemerkbar machte, ihren Widerklang in Hollywood längst gefunden. Das aktuellste und offensichtlichste Beispiel dafür ist Tarantinos »Kill Bill«.

Nun also »Oldboy«. Auch dieser Film bedient sich westlicher Motive und Genres. Das klassiche Revenge-Movie (oft dachte ich an Soderberghs »The Limey«) trifft auf den Paranoia- und Verschwörungs-Thriller á la Finchers »The Game«. Auf der anderen Seite eine irrsinnig hochgestapelte Ironie, die sich in Szenen wie der einen niederschlägt, in der die Hauptfigur wie zu seligen Nintendo-Zeiten in zweidmensionaler Ebenen-Ästhetik gegen a bunch of enemies antritt. Dann wieder wird »Pulp Fiction« zitiert, wenn das Bild angehalten wird und eine geometrische Verktorzeichnung auf dem Bild erscheint.

Worum geht es? Dae-su Oh, ein Familienvater, ein Jeder- und Biedermann, wird entführt und 15 Jahre lang in einem Zimmer gefangen gehalten – ohne zu wissen, von wem, warum oder wie lange seine Tortur dauern wird. Sein einziger Kontakt zur Außenwelt bleibt die ganze Zeit über das Fernsehen. Genauso geheimnisvoll und plötzlich wie seine »Inhaftierung« ist sein Freikommen. Dae-su findet sich auf dem grün bewachsenen Dach eines Hochhauses wieder. Doch der Horror beginnt erst. Bald meldet sich sein Entführer und lässt Dae-su fünf Tage Zeit um herauszufinden, warum er eingesperrt war. Schafft er das, will sich der Entführer umbringen, scheitert Dae-su, wird jede Frau, in die er sich verlieben wird, ermodet werden.

Chan-wook Parks Film ist zutiefst existenzialistisch, alle Personen sind vorbestimmt, ferngesteuert und werden im Laufe des Films immer mehr zu Tieren. So sind die expliziten Gewaltdarstellungen nicht bloßer Selbstzweck und Mittel einer falsch verstandenen »Coolness«, sondern illustrieren eindringlich die Verlorenheit der Figuren. Jeglicher Handlungsoptionen beraubt, finden diese ihre Freiheit nur noch in der Rache. Fragen werden nicht gestellt um beantwortet zu werden, sondern um die Leiden auf dem Weg zu ihrer Beantwortung zu durchleben. Dabei enthält sich Park eindeutiger Gut/Böse-Zuschreibungen gerade dadurch, dass er alle Figuren als Getriebene darstellt. Die Motive des Entführers wie auch des Entführten werden »verständlich«.

Eine schöne Parallele ergibt sich, wen man Dae-sus Leben in der Zelle und dem in der vermeintlichen Freiheit vergleicht. So sehr unterscheiden sie sich nicht: Nimmt er in der Zelle das Leben – und auch ganz explizit historische Eckdaten wie den Tod Prinzessin Dianas – nur als Unbeteiligter durch den Fernseher war und erhofft sich draußen in der Freiheit endlich zum handelnden Subjekt zu werden, erlischt diese Hoffnung sehr bald. Auch hier draußen sind die Geschichten nicht seine, die Freiheit bleibt Trugschluß. Geschichte wird gemacht, wir schauen zu. In einer überaus bemerkenswerten Szene verlangt Dae-su in einem Sushi-Restaurant nach "etwas lebendem". Kurz darauf verschlingt er einen Tintenfisch, dessen Tentakel sich ein letztes Mal aufbäumen, bevor sie ganz veschlungen werden. Wer ist hier das Tier? Auch die Einverleibung von Leben in seiner archaischsten Form wird Dae-su nicht zu dem machen, wonach er sucht. Die Freiheit wird sich letztlich auch in der Rache nicht finden.

In Anlehnung an Marx formuliert Béla Bálazs schon 1924, dass neue Kunst auch neue Formen der Rezeption ermöglicht. Gemeint war damals der Austausch der Filmsprachen Amerikas und Europas und den Einfluß, den das auf unser Zeitalter des Kinos haben wird. Filme wie »Oldboy« sind auf dem besten Weg dahin, eine universale Filmsprache zu entwickeln, die nationale und territoriale Gegebenheiten nur noch als Zitat und nicht mehr als Dogma zulässt. Keine schlechte Aussicht.


Info: IMDB | Filmz.de

Camper Van Beethoven 2.12.2004


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"Eine alte klassische Indie-Band" nannte c aus dem Spex-Forum Camper nach ihrem Auftritt im Flex. Das Alter und das Know-How wurde tatsächlich auch ständig mit Witz und Charme unter Beweis gestellt, bildete somit immer einen angenehmen Schleier des Durchdachten, des Gewollten über dem nicht zahlreichen aber gut gelaunten Publikum. "Klassisch" bestach der Sound der Geige ganz vorzüglich, versetzte die schönen Songs immer um eine Stufe gegen den Lauf, ließ Celtic durchklingen, oder erlaubte Ähnlichkeiten gar mit der "Get Off The Cross" von Firewater.

Mich, der ich vorher nur die "Our Beloved Revolutionary" kannte, konnte das Konzert somit nur erfreuen, auch die Songs, die sie "neu" nannten fügten sich problemlos in das Set der jahrezehntealten Songideen , Riffs und Textzeilen. Lust auf mehr machte es allemal. "Eine alte klassische Indie-Band" kann eben oftmals auch als sehr schönes Kompliment den Abend ausklingen lassen.

re.present: Tim Eitel

Bilder in den Kommentaren.

Info: Galerie EIGEN+ART | Interview

Von Spar - "Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative"


von spar - freiheit Da kam dieses Album so unvermutet - also doch vermutet, immerhin waren ja die anderen Bands der Mitgleider von Von Spar (The Oliver Twist, Urlaub in Polen) ja bekannt, und auch die "Schockwellen auf's Parkett" EP warf ja schon Schatten voraus. Aber was da nun als Album daherkam, übertraf nochmal alle Erwartungen. "Die uneingeschränkte Freiheit der privaten Initiative" vereint 10 Pop-Songs der allerersten Güte, die sich nicht scheuen, überall zu klauen und sich quer durch die Pop-Geschichte bei allem, was tanzbar ist, zu bedienen. Punk bis House, und 10 Songs in 36 Minuten, es ist knapp, es ist nicht mehr notwendig, um alles zu sagen, was gesagt werden muss - was auch bei einem Konzert der Truppe unfassbar unter beweis gestellt wird. Es ist schnell, es peitscht, es treibt, ja, einen druckvollen Beat, die Gitarren kreischen nervend um eine noch nervigere Stimme, die Synthies versetzen uns back to where the wild roses explode.

Und dann sind da noch die Lyrics, die es schaffen unfassbare Welten zu offenbaren, in denen politische Fragen nicht an letzter Stelle stehen. Von Spar halten das Maul gewiss nicht, es geht darum "über den Tellerand hinaus" zu gehen, hinterfragt wird die Konsumgesellschaft und das Stillsein oder das Verklumpen der Kritik. Es geht um "mehr Dynamit", um "noch mehr Plastik" und um "Bunsenwahrheiten" wie etwa "Geschichte wird gemacht" (gastgesungen vom Präger dieser Zeilen, Peter Hein). Auch Frank Spilker, Sänger der gerade heuer ins Parolenpolitische getappten Sterne, singt im vielleicht zwingendsten Song "Ist das noch populär" den Refrain, und merkt dort an, "komisch wie schnell sich die Dinge verändern."

Ja, wenn es Parolen gibt, dann fangen sie Von Spar in einer art und weise ein, die mich seit langem wieder von politischer Seite her fasziniert. Nicht wie Die Sterne oder Wir sind Helden, wo es um Kids locken geht. Nein, Von Spar singen "ich nerve, ich nerve, ich nerve, und du bis nicht allein" und mir kommen fast die Tränen, nicht weil es so simpel, sondern weil es so auffordernd ist. Nicht das Maul halten, die guten Ideen müssen raus, Schritt für Schritt, über den Tellerand hinaus. Nicht stehen bleiben. „Ja, heute lock' ich dich; noch einmal brüllen im Klartext: Moralisch!“

Secret Machines - "Now Here Is Nowhere"


secret machines - now here is nowhere„Ausufernder Prog-Rock“ und krautig anmutend wurde das Album der Secret Machines genannt. Die Referenzhölle war im Ausland, noch schlimmer, da war die Rede von den „heutigen Pink Floyds“ obwohl sich publikumstechnisch immer mehr bei Neu! oder Can fand. Die Secret Machines covern live ja gar Harmonia und New York, wo die wieder aufstrebenden experimentierfreudigen Psych-Schulen langsam die Strokes von den Straßen fegen, feiert sie als derzeit beste Liveband. Klingt präpotent. Klingt bekannt.

Und wie Wunder passiert ähnliches beim Hören ihres nun zweiten Albums „Now Here Is Nowhere“ auch. Es klingt bekannt, vertraut, langweilig, Retro, NoFuture und NoWave jenseits der neuen. „First Wave Impact“ heißt dann auch der Opener, ein neunminütiges Epos, dass am Ende beweist, wie „ausufernd“ klingen kann. Jedoch bleibt es in der Hinsicht eine Ausnahme auf dem Album. Denn „ausufernd“ wird es dankenswerterweise sonst selten, es behält eine erstaunlich ruhig, fast schon sachliche Größe bei, die vom Sound her immer noch bombastisch klingen kann (wie in „You are chains“ oder dem Killer „Sad and lonely“) aber dann doch auch unüberlastet ist vom Songwriting her. Manche sagen dazu „ideenlos“. Die Single „Nowhere Again“ z.B. lebt weniger von der minimalistischen Gitarre, die durchaus auch an neu gedachtes Popverständnis a la Yeah Yeah Yeahs oder Broken Social Scene erinnern darf, aber dafür mehr von einem enorm treibenden Drumset, dass am Ende völlig unvermutet frech in einem Stakkato den Song enden lässt, das der oder dem ZuhörerIn vorgeführt wird, wie konventionell langweilig eigentlich das Musikverständnis sein muss, das die Konstellation für „unüblich“ hält. Es geht eine eindrucksvoll ruhige Altklugheit von diesen so jungen Leuten aus.

Betont werden sollte aber, dass das Album die ansonsten gewohnte Präpotenz von so jungen NYC-Recken, die versuchen Altbekanntes neu aufzubrühen, nicht zeigt. Sie haben im Vorbeigehen quasi ein Stück Musik geschaffen, dass den endlosen Referenzsystemen ein müdes Lächeln schenkt und sich bedient wo es will und wie es will. Respektlos mag es somit alle mal sein. Aber eben auch eine der erfrischendsten Herausforderungen des zweiten Halbjahres.

Emir Kusturica & The Nosmoking Orchestra 30.11.2004


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"it's like in the tv series: in the sixth episode... the judge gets fucked."

der geiger (the judge) trägt eine kutte und nähert sich mit einem schelmischen grinsen dem gitarristen (frank zappa aka niki laua aka emir kusturica), und versucht verzweifelt den nachzumachen. selbiger neckt ihn aber nur, indem er wahllos töne spielt, die keinen sinn ergeben und den judge nur verwirren. sie kommen nicht ins reine, emir lacht teuflisch, die band spielt flott, das orchester lebt, das publikum tanzt.

"are you ready to destroy this fucking place where we ware fucking playing?"


nele (der sänger) holt den judge zu sich, nimmt im den bogen weg und steckt ihn sich in den mund, der judge macht selbiges mit dem anderen ende, und nimmt die geige hoch, reibt sie an der brücke, die sich da zwischen den beiden mündern aufgetan hat und spielt mit seinern linken hand tatsächlich eine unza unza melodie. es ist die hölle. bald werden sie lieder über den teufel und seine pläne mit den G8 vortragen.

"let me translate: nele just wanted to say.... that it's more than love..."

der judge zieht die kutte aus und trägt nun frauenkleider, irgendwer im publikum schreit "schwuchteln!", emir geht zum bühnenrand und versucht das mit ihm auszudiskutieren, der typ schweigt aber. wärernd all dem spielt die band wieter in einem höllentempo. der judge steckt sich den bogen in den schuh und reibt die geige wieder daran in gekonnt melodischer art und weise. nele versucht ihm das mikro in den arsch zu schieben, scheitert aber. das war mal ne punkband.

"our drummer broken his arm..."

zwei leute werden auf die bühne geholt. hochzuhalten kriegen sie einen 3 meter langen, überdimensionalen violinbogen. der judge rockt nur mehr und zaubert soli der extraklasse über seinem kopf hervor. emir nimmmt seine gitarre und tut es ihm gleich. eine halbe stunde später wird er torkelnd mit dem sonnenbrillentragenden bassisten (cia- und mi6-agent und größter bewunderer al kaidas) zusammnestoßen.

"with my cunning and with my stealth, i don't need a brain..."

nele stellt die leute vor, gerät in einen boxkampf mit dem tuba-spieler poppovic (the pope), der ihm die birne mit seinem gerät wegbläst. das sexy sax (aka sexual maniac nr. 2) berät sich währenddessen mit der tochtechnikerin. nele holt einen pokal auf die bühne, in dem ein feuerchen lodert. er tut den deckel drauf, und danach wieder runter. ein strauß blumen springt dabei heraus.

"i'm a pitbull terrier..."

nele veruscht am ende lobende worte für das publikum zu finden, nach 2 stunden horror pur, hell on earth, aber die technikerin spielt ihm den ausgemachten streich und dreht ihm immer im satz das mikro ab, emir übernimmt und übersetzt freundlicherweise, was er zu sagen hat. der big brass soudn schwebt in der luft, die band zuckt unwillkürlich punkig in der musikvergangenheit herum und das akkordeon gespielt von slobodan zoki milosevic (straight from sheveningen) versucht country und polka unter einen gypsy-hut zu kriegen.

"drang nach osten im volkswagen..."

die band verabschiedet sich, es setzt irgendein komsicher marshc, oder ne hyme von der anlage auf mini-lautstärke an. die lichter gehen an, keiner verlässt den saal. die bühne ist dunkel, nur der publikumsraum hell beleuchtet, es setzt die mezzanine von massive ein, die rausschmeißerplatte im wuk. kein mensch verlässt den saal, alle applaudieren und schreien wie verrückt, wollen mehr. die tontechnikerin montiert die mikros ab. eine viertelstunde vergeht.

"i fought the law, the law fought me..."


das publikum ist kaum zum halten, reges treiben setz im backstagebereich ein, es wird klar, die wollen nicht gehen, wilde gesten werden durch den saal geschickt, bis schließlich nele (wie schon bisher mit nacktem oberkörper und handtuch drumherum) auf die bühne kommt. keine mirkos, er schnappt sich das megafon, das für den opener "drang nach osten" gebraucht wurde. "das PA-system ist quit." kaum wer versteht, was er sagt, erst die ersten buhrufe richtig tontechnik machen den leuten klar, dass keine zugabe mehr kommen wird.

"you will see that... life..... is sometimes a miracle..."

gezählte 14 flaschen wasser wurden ins publikum verspritz, unzählige mehr wahrscheinlich verschwitzt. sie haben nicht "unza unza time" gespielt. auch nicht "lubenica" und auch nicht "daddy, don't ever die on a friday". sie haben giganten nicht gespielt. sie hatten verletzungsbedingt nur einen ersatzdrummer. sie haben mehr songs vom "unza unza time"-album gespielt, als vom aktuellen "life is a miracle"-ost. was mich endgültig heute bestärkt hat, jenes album in die kandidaten fürs album des jahrzehnts aufzunehmen.

nennt mich verrückt. dieser pop-entwurf ist mehr als der horizont hier zu bieten hat. der balkan kochte im punk nicht weniger als alle anderen. nur rausgekommen ist bei denen das no smoking orchestra und ein filmemacher kusturica. was vergleichweise ähnliches ist mir seither noch nicht begegnet. aber ich bin ja noch jung. und das leben biete viele wunder in sich.

INFO: Emir Kusturica & The Nosmoking Orchestra

»Payback«


»Payback« (USA 1999, Brian Helgeland)
TV: ZDF

payback

Es passiert leider viel zu selten, dass man von altbekannten Gesichtern überrascht wird. Mel Gibson war in meinem Hirn mit den Schlagworten »Familienvater«, »tragisch-witzig« und »putzig« verlinkt. Stand er in der »Mad Max«-Reihe (die übrigens 2005 fortgesetzt wird) noch für den harten, kompromißlosen und relativ ungebrochenen Helden, verlor sich dieses Image nach und nach in klamaukiger Selbstkarrikatur (»Lethal Weapon«) oder in unfreiwillig komischen Filmen wie »Signs« oder »The Patriot«.

»Payback« nun ist auch Karrikatur und Genreparodie – allerdings überhaupt nicht klamaukig sondern sehr genau beobachtend. Gibson spielt den vornamenlosen Porter, der in seine Heimat zurückkehrt um alles umzulegen, was sich zwischen ihn und den ihm zustehenden 70.000 Dollar stellt. Jahre zuvor hatte sein Gangsterkumpan ihn nach einem Coup niedergeschossen und seinen Anteil des Geldes mitsamt seiner Freundin mitgenommen.

Porter wird vorgestellt als gieriger, bösartiger, jenseits aller Moral agierender Killer. Dass er dann schließlich auf der einen Seite tatsächlich ohne mit der Wimper zu zucken einen nach dem anderen tötet entspricht den Genrekonventionen der Revenge-Action. Dass er aber auf der anderen Seite wirklich nur seine 70.000 Dollar haben will, überhöht diesen Ansatz ins Absurde. Porter will sein Geld, bitte abgezählt und keinen Cent zu viel. Im Laufe des Films ändern sich die Feinde. Seinen alten Kumpan Val erschiesst er und nimmt sich nun das Mafia-Syndikat vor, bei dem er sein Geld vermutet. Val hatte sich mit dem unterschlagenen Geld bei ihnen eingekauft.

Der Regisser Brian Helgeland, der mit »Mystic River« einen beachtlichen Film drehte und bereits mit »L.A. Confidential« auf hohem Niveau am Neo-Neo-Film-Noir scheiterte, kennt die Genres, die er parodiert, sehr genau. Das merkt man jedem Bild und besonders auch dem Score an. Wenn sich in Payback mal etwas außerhalb von Räumen abspielt, sind die Figuren eingekeilt in Straßenschluchten zwischen bedrohlichen Skyscrapern. Porter stellt sich dem Zuschauer natürlich qua Off-Stimme selbst vor. Die Frauen sind schön, rätselhaft und unnahbar. Umwege werden keine gemacht, der Weg führt direkt nach oben, und er ist gepflastert mit Leichen. Sollte Gibson jemals an Lungenkrebs erkranken, dieser Film ist schuld daran. Kurzum: Hier wird alles dafür getan, den echten Film-Noir, den echten Revenge-Thriller nachzustellen. Man merkt, dass hier ein Fan dieser Genres arbeitet und genau deshalb nimmt man ihm die Parodie auch ab.

Info: IMDB

»Rubber Gloves«


»Rubber Gloves« (Australien 2001, Anthony Mullins)
TV-Aufzeichnung

rubber_gloves

Jill-Ann, eine zunächst mausgrau erscheinende suburbian, verdient sich ihr Taschengeld als Domina für einen distinguierten, älteren Herrn und versucht ihren ausgefallenen Job mit dem der Hausfrau unter einen Hut zu bekommen. Gar nicht so einfach, wenn der Kunde kommt und eigentlich noch die Wäsche gemacht, gebügelt, gebacken und Termine koordiniert werden sollen.

Der Kurzfilm von Anthony Mullins, der 2001 auf dem Aspen-Filmfest vorgestellt wurde, zeigt uns seine Figuren auf emphatische Art und Weise ohne sie bloßstellen zu wollen. Keine Brüller zieht der Film nach sich sondern ein beständiges Schmunzeln. Er lässt uns zurück mit der Erkenntnis, dass Hausarbeit genauso verrückt ist wie SM-Sessions und mindestens doppelt so gefährlich. Beware of the dangerous housewife!

Info: IMDB

txt.news 30.11.2004



Die Obersymphaten von Stereo Total bieten auf ihrer Website eine komplette Compilation von »Rare Songs« an, mitsamt Booklet im PDF-Format, versteht sich. (via Filmtagebuch)

Großer Spaß! »Worry no more. Your troubles are over. We here at Book-A-Minute Classics have come up with a solution. We've taken all kinds of great works of literature and boiled them down to their essence, extracting all the filler (and believe me, there's a lot of it sometimes). In just one minute, you can read entire books and learn everything your teachers will expect you to know.« Book-A-Minute Classics

File under: Videokunst. Somniscope machen Videos zur Musik und Musik zu Videos. Und das machen sie großartig, wie man besonders an dieser Veröffentlichung sehen kann.

Udo Kier, den man mit Fug und Recht als deutschen Dennis Hopper bezeichnen könnte, ist 60 geworden. Die TAZ hat ihn interviewt.

Jetzt, wo sich das Musikfernsehen endgültig in eine reine Werbeanstalt zu verwandeln droht, sollte man sich so langsam damit abfinden, dass Musikvideos, die jenseits der Grenze von Vermarktung und Verramschung liegen, nur noch auf DVDs und im Internet zu sehen sind. Eine Alternative will Tunespoon sein. »Unser Ziel ist es, Bands unabhängig von ihrer musikalischen Ausrichtung eine Plattform zu bieten, ihre Clips zu spielen und ihre Musik für ein breites Publikum zu begeistern und sie damit auf ihrem Weg zu unterstützen. Bei tunespoon seht ihr Musikvideos, die ihr nicht alle Tage zu sehen bekommt.« Und das stimmt. Denn aktuelle Videos von Monta, Kante oder Nachlader muss man bei MTViva jetzt schon mit der Lupe suchen. Wer sich mit der Bildqualität nicht zufrieden geben will, der kann ja immer noch auf die groß-groß-großartige neue DVD WarpVision - The Videos 1989-2004 , die zwar schon Ende September veröffentlicht wurde, aber wohl erst zum Weihnachtsgeschäft so richtig durchstarten wird. Da fehlt natürlich auch nichts Chris Cunninghams abgefahrener Clip zu Aphex Twins »Come To Daddy«, der bei F-lm von Arno Meteling genauer betrachtet wird.

Filmfestivals: Rüdiger Suchsland berichtet in der FR vom Filmfestival Mannheim-Heidelberg, dessen letztjähriges Stattfinden ein Gespräch über Journalismus, Kritik und Kommerz zur Folge hatte. Über das 14. schwul-lesbische Verzaubert-Filmfestival in München schreibt die FR. Auch Roland aus dem Spex-Forum war vor Ort und gibt einige Kommentare (Frameset laden) ab.

The Soundtrack Of Our Lives 26.11.2004


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Wenn es die passenden Worte für diesen Abend im Wiener Planet Music geben würde, hätte ich sie längst hingeschrieben. Die Spex tat das Live-Phänomen TSOOL ab mit folgendem Satz: "Ein nicht mehr ganz junger, nicht mehr ganz dünner Sänger in Kaftan und stets passendem Künstlerschal, der immer größere Menschenmengen dazu bringt, sich zu erzpsychedelischer Musik geschlossen auf den den Boden zu setzen: prima." Und vielleicht verstehe ich jetzt auch, warum sich nicht mehr darüber sagen lässt.

Weil es ein Live-Erlebnis ist, dass dich fesselt und umherwirft, wenn du es zulässt, und zwar so, dass du am Ende die Hand gen Himmel und Sonne reckst, die Augen schließt und das Gesicht in dieser Wonne an pschedelischem Rock und Schaukeln, Menschen und hysterischem Lachen um dich herum legst. Du kannst Ebbott vergöttern, du kannst ihn hassen, er kann Christ und Antichrist zugleich sein, in beinde Fällen, wirst du dich hinsetzen, wenn er es sagt und du wirst im Takt mitwippen und mit den Augen eines Kleinkindes die Kraft dieser Band bestaunen, die dich am Boden sitzenden gerade mit einer lässigen Kippe im Mund anlächelt. Es ist gtuselig, mystisch, elektrisierend und diese Elektrizität lässt sich fast greifen, so dick aufgetragen liegt sie in der Luft.

Der Planet Music in Wien ist eine miese Location. Ich mag mir nicht vorstellen, ob ich noch in der Lage gewesen wäre, den nach Hauseweg zu finden, wäre die Location eine gute oder gar sehr gute gewesen. So torkelte ich wenigstens nur herum, stocknüchtern, aber betrunker als nach einem der vielen Alkoholräusche früherer Tage. The Soundtrack Of Our Lives haben mir bewiesen, dass es nur Musik braucht, um sich das Hirn wegzblasen. Und wozu sind psychedelische Drogen denn sonst da?

Info: TSOOL

Boban Markovic 24.11.2004


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Es war fast schon schade. Boban Markovic, sein Sohn Marko und der Rest ihres Orchesters gastierten heute in der wiener Szene und brachten den typischen Balkan Brass Sound in die Hüften und Köpfe eines überwiegend fröhlich gestimmten Publikums. Es wurde lange erwartet, das Konzert, der Saal war voll und im Endeffekt wurde auch getanzt und gefeiert wie verrückt.

Nur ich vermochte dem ganzen nicht die hundertprozentige Begeisterung entgegenzurbigen, die mir z.B. die CDs von ihm beschert haben. Boban Markovic spielt sein Instrument - die Trompete - und die Klassiker des Balkan Sounds professionell und sauber durch, aber genau da liegt auch der Haken: Er ist zu professionell. Wenn es darum geht das Tempo abrupt auf 0 zu reduzieren um dann langsam wieder nach oben zu schrauben und somit dem Publikum den letzten Rest abzuverlangen, dann schafft es eben ein Goran Bregovic dabei 2.000 Menschen mit seinem Feuer und seiner Leidenschaft von den Sitzen zu reißen (sofern sie noch auf ihnen saßen). Aber Boban Markovic zeigte heute keine Leidenschaft, und wenn dann wirkte sie auf mich aufgemalt. Ja, vielleicht war auch mein mieser Tag daran schuld, vielleicht wäre es mir unter andern Umständen besser mit diesem Ausnahmemusiker ergangen, aber so steht eben im Vergleich die Coolness eines Bregovic oder der Charme von Fanfare Ciocarlia, die auch vor kurzem in der Szene waren, dem eindeutig übergeordnet.

Zu hoffen bleibt, dass dieser stürmische Balkan-November in Wien mit Emir Kusturica einen glühenden Höhepunkt findet. Der Soudntrack zu seinem neune Film "Life Is A Miracle", der schon bei Cannes premiert wurde, aber hier noch nicht läuft, ist knapp unter "Unza Unza Time"-Niveau, also - verdammt gut!

Für die Filmbesprechung sollte er mal endlich ankommen in deutscprachigem Gebiet, verweise ich dann gerne auf Hr. txt. :-)

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