Mittwoch, 19. April 2006

Stars + The Most Serene Republic – 17.04.2006


Canada is where the magic happens. Even in Vienna.

The Most Serene Republic

Was soll man sagen? Wo soll man anfangen? Wie kann man die Energie und den Enthusiasmus dieser kanadischen Generation an Musiknarren auch nur annähernd in Worte fassen? Wo sie doch selber drei Stunden brauchen, um daran zu ermüden. Na gut, so viel Zeit hab ich nicht, aber es gilt mehr denn je: Sehr viel bleibt auf der Strecke.

The Most Serene Republic. Indierock-Androiden mit einem der vielversprechendsten Debütalben der letzten Jahre. Unsere Nr. 16. Kanadische Noch-nicht-mal-Twens, die ihren ersten Wien-Gig als Vorband von Broken Social Scene letzten Dezember hätten geben sollen, aber dieser Teil der Tour wurde für sie wegen Übermüdung gestrichen. Also, Nervosität einer so jungen Band ob des großen Popbiz-Drumherums (Angst Nr. 1), plus die beiden Standardprobleme beim ersten Live-Erlebnis einer Band, die ein tolles Album im Rücken hat: Sie nudelt’s einfach herunter (Angst Nr. 2) oder sie wird ihm einfach nicht gerecht (Angst Nr. 3). So, es gab also ne Menge, was schief gehen konnte.

Also: Angst Nr. 1 war spätestens bei einer locker hingerotzten, mutigen Darbietung von »(Oh) God« als zweites Stück wie weggeblasen. Ihre Nervosität, ihre junge Verwirrtheit kehrten sie ab dem Punkt in ihre Stärke, ihr Selbstvertrauen. Angst Nr. 2 war quasi von Anfang an absurd, weil die meisten Stücke (teilweise bis zu Unkenntlichkeit) verfremdet wurden und außerdem zwei neue Stücke der Tour-EP »Phages« mit im Set waren. Angst Nr. 3 war allein deshalb keine Frage, weil sie als Live-Event dem Album noch deutlich eins draufsetzen, mit den manischen Eskapaden des Sängers Adrian Jewett (und seinen wirklich zutiefst erschütternden Augen) und dem glänzenden Ruhepol Emma Ditchburn. Besonders berührend (und näher als auf Platte) war ihr Duett, jene Gattung also, die wir uns eigentlich für den Hauptact des Abends vorgenommen haben. Die Stimmen waren generell besser als erhofft, denn die auf dem Album so leise gemischten Vocals verpflichten geradezu zu einem rockigen, lauten Abmischen beim Gig (Angst Nr. 4). Nada, die Stimmen waren genauso schön unschön in den Sound-Ozean eingewoben, wie der Rest der kaum voneinander zu unterscheidenden Instrumente. Alles in Allem haben wir eine Band gesehen, die – wenn sie so weiter macht – eine der herausragendsten Figuren des Spät-Nullziger-Indierocks sein könnte. Wenn sie das nicht jetzt schon ist.

Stars

Dort schon angekommen sind die Stars spätestens seit 2005, dem großen Durchbruchjahr für »Set Yourself On Fire«. Unsere Nr. 1. Auch wenn sie zu Zeiten ihres zweiten Albums »Heart« schon in der Szene als Vorband von Broken Social Scene gastierten, sah man jetzt eben, was es heißt, wenn Stars endlich selber zu Stars werden, und aus dem Schatten der Label-Gründer heraustreten. Und das in einer Stadt, die sie lieben, und die sie ob dieser Liebe auch mit dem schlichtweg besten Konzert, das mir je von ihnen untergekommen ist (sei es persönliche Erlebnisse, sei es Mitschnitte, die im Netz herumschwirren), beglücken. Gespielt wurden die Hits von »Heart«, inkl. dem Herzstück »Death to Death«, und alles (noch mal: ALLES!) von »Set Yourself On Fire«, inklusive der selten zu hörenden Meisterwerke »Calender Girl«, wo Amy Millans Stimme schlichtweg atemberaubend das Jahr in vier Minuten zusammenfasst, und dem Jahrhundertopener »Your Ex-Lover Is Dead«, wo das Publikum auch die Möglichkeit hatte, sich das »I’m not sorry. There’s nothing to say!« aus der Seele zu schreien. »Calender Girl« als letzte Nummer vor der Zugabe, »Your Ex-Lover Is Dead« als erste Nummer der selbigen sorgten natürlich für eine sensationelle Dramaturgie.

Auf der anderen Seite, abgesehen von der Setlist und der Dramaturgie, bewiesen die Stars auch wieder mal, dass sie ungemein sympathische Käuze sind. Z.B. als sie den Licht-Menschen aufforderten endlich das Stars-Banner im Hintergrund zu entfernen, weil sie mittlerweile eh alle wüssten, dass heute Abend verdammt noch mal die Stars spielen (worauf Sänger Torquil Campbell natürlich protestierte, weil er sich immer wieder fragt, ob sie nicht doch Queen sind, und das Banner ihn immer freundlich berichtigt …). Z.B. als sie am Ende erzählen, kanadische Bands kriegen nur dann staatliche Förderung, wenn sie mindestens zu fünfzehnt auf der Bühne stehen (woraufhin natürlich die komplette Most Serene Republic und mutige Publikumshaudegen [*siebenfachräusper*] auf die Bühne geholt wurden, um eine schlichtweg atemberaubende Version von »The First Five Times« – the song about fucking the one you love forever and ever – abzuliefern). Oder auch, als für eben diese Zugabe dann auch schlussendlich das erhoffte »?QUEEN?« am Banner hinten auftauchte. Womit der Abend nicht nur für Torquil Campbell endgültig in die Annalen der Jahrhundertkonzerte erhoben wurde.

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txt - 19. Apr, 22:07

hihi

vorsicht, sonst musst du noch nach kanada ziehen. du siehst ja geradezu ekstatisch aus.

malkasten - 20. Apr, 01:44

ach!
das bist du
:)

lawinenhund - 20. Apr, 11:22

Ach, war das GROSZ!!!

jdw - 24. Apr, 17:05

wow, ich bin erstaunt über diesen bericht. ich hab das doppelpack am samstag in zürich erlebt und es war eines der miserabelsten konzerte das ich je gesehen habe!

most serene republic sollten besser bilder malen oder krude kurzfilme drehen, statt zu musizieren. ihre musik war ein heilloses chaos, jeder instrumentalist hat ungefähr 2 noten pro takt zuviel gespielt. der sänger war einer der grössten idioten, die ich je gesehen habe. entweder ist man schräg und originell oder man ist es nicht, aber so sehr versuchen, schräg und originell zu wirken wie dieser kerl, das geht nun wirklich nicht! ich hab dem keine einzige seiner bewegungen abgenommen! die beiden gitarristen waren völlig unnötig, die haben weder vom sound noch vom auftreten her irgendwas beigetragen. einziger lichtblick war die stimme der sängerin und der groove des bassisten, der das ganze chaos wenigstens ein bisschen zusammengehalten hat...

bei stars war's nicht besser, eher schlimmer. wieder ein völlig idiotischer und uncharismatischer sänger (der wär besser schauspieler geblieben), der sein fehlendes charisma mit blödem dauergrinsen wettmachen wollte. als einmal für zehn sekunden sein mikrofon ausgefallen ist, ist seine maske kurz gefallen und er hat sehr böse in richtung tontechniker geblickt. der typ ist sowas von bescheuert. die sängerin fand ich auch sehr - nun ja - doof, dasselbe gilt für den möchtegern-rockstar an der gitarre. und allerübelst war's immer dann, wenn der sänger die trompete hervorgeholt hat. sind wir denn hier mein musikantenstadl? das war allerschlimmster kitsch! und die band hat so schlecht gespielt, jede schülerband ist nach 3 wochen proben tighter...

so, das war jetzt ein kurzer und sehr simpler rundumschlag, aber das musste einfach sein. ich befürchte, dass viele stars und msr einfach deshalb gut finden, weil sie aus kanada kommen und dem arts&crafts umfeld entstammen. dabei liegen welten zwischen diesen zwei und broken social scene und dann nochmals ein weltall zwischen denen und arcade fire! (ist nämlich keinesfalls so, dass ich ein kanada- oder, nennen wir's mal, "art-pop"-hasser wäre, arcade fire haben mir letztes jahr das beste konzert meines lebens beschert!)

mein wunsch: stars und msr sollten sich sofort auflösen oder zumindest nie mehr live auftreten!

wiesengrund - 24. Apr, 17:30

bezüglich dem konzert: schade, dass sie dir nicht gefallen haben.

bezüglich der letzten beiden absätze: man sollte trotzdem aufpassen, vor lauter weltall die sterne nicht mehr zu sehen. ;)
blue sky - 25. Mai, 13:00

Ah, sehr schön! Da lag ich mit meiner Wahrnehmung ja nicht ganz daneben - ein saugutes Konzert...

Etwas anderes: Amazon bietet Amys Soloalbum derzeit für unverschämte 27 Euro an. Kennst du eine billigere Bezugsquelle, oder sollte ich besser warten, bis "Honey from the Tombs" bald auch hierzulande veröffentlicht wird?

blue sky - 7. Jun, 11:28

Hm. War ich zu off-topic? Was falsches gesagt? Merkwürdig, wenn man was fragt und nicht mal ein "verpiss dich" kommt. Na egal, CD ist inzwischen anderswo bestellt.
txt - 7. Jun, 11:31

ich glaube das lag eher daran, dass wiesengrund ausser landes war als du schriebst. ich gebe ihm mal bescheid.

(ich habe übrigens auch keine anderen bezugsquellen)
blue sky - 7. Jun, 11:40

Oh, ich verstehe (hatte auch gar nicht wahrgenommen, dass Ihr zu zweit seid). Danke und nichts für ungut!
wiesengrund - 7. Jun, 13:34

ja, sorry, bin bis jetzt nicht nacgekommen, alles aufzuarbeiten, was ich verpasst habe. :)

nunja, ab dem 07.07. gibt es das album regulär (bei amazon um 17), ich würde das als bezugsquelle abwarten, was billigereres ist mir bisher nicht untergekommen, leider. und nochmal sorry für die späte antwort...

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