Monta – 31.03.2005
Selten wirkte ein Konzert so brüchig-berührend wie jenes von Tobias Kuhn a.k.a. Monta, der mit seiner Begleitband jenes Pop-Gefühls- wirrwarr hinterm Ofen hervorholt, das sonst nur von wenigen Momenten, Erlebnissen und Menschen berührt werden darf. Bei mir zumindest.
Sehr verdächtig. Und bei aller Leslie-Nielsen-Heraufbeschwörungsparanoia muss ich ehrlich gestehen: Bands wie Monta finde ich sehr verdächtig. Da ist die blasse Angst einerseits. Die Angst davor gefangen zu werden, die Angst davor in diese warmen Höhlen aufgenommen zu werden, wo man in Wirklichkeit nie hinwill, wo aber die Wärme eines Aufwachens nach dem vorangegangenen Breakdown auch am schönsten ist. Wo man süchtig wird danach. Und andererseits ist da dieses Coole, Lockere, Überlegene; dieses »der kann mir gar nichts tun, weil ich den eh verstehe.« Wirklich eklig, wenn ich so recht drüber nachdenke. Monta musste insofern einen harten Brocken überwinden, und es soll keiner behaupten es wäre »eh das leichteste, eingängige Songs zu schreiben.«
»Eingängigkeit« ist eine Thematisierung bei Monta, die der Sache nicht nur nicht gerecht wird, sondern auch außer Acht lässt, mit welcher Hingabe und Komplexität dieses Perlen-Pop-Universum, das er bietet, aufgesogen werden kann. Die Zerbrechlichkeit ist hier nicht Parole, sie ist beste Freundin und Hoffnungsträgerin dieser Musik. »Pathos-Pop« kann das allein deswegen schon nicht sein, weil Monta viel zu klein ist, um sich derartige wuchtige Attribute zukommen zu lassen. Wenn er »Long Live The Quiet« singt, bewegt er sich weg, immer weiter weg vom Mikro, und die kleine, aber erstaunlich gut gefüllte Rockhouse-Bar wird trotzdem erfüllt von seiner Stimme, seiner Sehnsucht und seiner Hymne an die Stillen unter uns. Und wie gerne wird man zu einem Stillen, einem Zuhörer, einem Betrachter dieser wunderschönen Geschichten und Lieder, die Monta uns präsentieren will.
Den Höhepunkt erklimmt Monta bei »I’m Sorry«, dieser vielleicht schönsten Gitarrenpop-Ballade des letzten Jahres, und er spielt diesen wahrhaft galaktischen Song mit einer Intensität und Ausdauer auf der Bühne, wie es der gute Fritz Ostermayer, der im zum Song gehörigen Video die Leidenden-Hauptrolle spielt, nie hinbekommen wird. Muss er ja auch nicht, ehrlich gesagt, »I’m Sorry« ist ein Manifest von einem Song, das ganz für sich alleine stehen kann. Aber mit Monta auf der Bühne hast du das Gefühl, als ob der Song neben dir Platz nehmen würde, um dich auf einen Drink einzuladen, und um dir zuzuhören, was selbstverständlich umso bedeutungsschwerer ist, je weniger man »Long Live The Quiet« verdaut hat.
Eigentlich hätte es hier noch viel mehr zu sagen gegeben, von wegen »Naked Lunch-Produktion« und wieder emporgehobene Erinnerungen an wunderschöne Sophia-Konzerte, aber ich denke, diese Höhlen müssen jetzt nicht ausgeleuchtet werden, dafür war Monta zu einzigartig. Zu nahe. Zu berührend. In den warmen Höhlen, die Monta selber gebaut hat mit seinen Songs, ist auf einmal Platz für mich. Ohne Angst. Und ohne Überlegenheit.
in: concert.diary | von: wiesengrund | 4. Apr, 10:16
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