concert.diary

Good evening and welcome to the party...


In der brütenden Hitze eines überfüllten Porgy & Bess, nach drei Stunden halber Langeweile, war die Band da, die sich Flotation Toy Warning nannte. Die Band die ich sehen wollte. Die Band, von der ich Angst hatte, dass sie fad sein wird. Weil auch das Album es auf Dauer nicht durchhielt.

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Und es fing an, wie es nicht hätte anfangen sollen: mit »Popstar Researching Oblivion«. Ich denke mir: Okay, der einzig wirklich unglaublich großartige Hit auf »Bluffer’s Guide To The Flight Deck«. Blöd nur, dass das beste Pulver am Anfang verschossen wurde. Nach diesem wunderbaren Ozean an Song, stimmte »Losing Carolina; for Drusky« an. Ich denke mir: Okay, der zweite von zwei wirklich unglaublich großartigen Hits auf »Bluffer’s Guide To The Flight Deck«. Aber danach ist Schluss, und das Konzert wird wohl nur mittelmäßig enden. Es folgt »Happy 13«, und ich denke mir: Okay, der dritte von drei wirklich unglaublich großartigen Hits auf »Bluffer’s Guide To The Flight Deck«...
Ihr könnt euch denken wie es endete. Mit einer Stunde Konzert-Euphorie, wo am Ende das Album in einem ganz anderen Licht da stand, was eine seltene Qualität von Konzerten ist: Dass sie einem das Album neu erschließen. Dass du am Ende, obwohl du es schon x Mal gehört hast, es mit neuen Ohren hören kannst, und einsiehst, dass es nur aus Hits besteht.

Erwähnt werden sollte die unfassbare blöde, weil zu leise Abmischung und das völlig überdrehte Schlagzeug. Oder auch, dass diese Songs ihr Schönheit, ihr Pathos, ihre Langsamkeit trotz der fehlenden, aus der Konserve eingespielten Bläsern, Streichern und Chören doch so unglaublich berührend entfalten können. Oder auch, dass der Sänger wie ich ihn mir vorstellte (spindeldürr, zerrissene Klamotten, lange Haare, jung) mit dem Typen auf der Bühne (stämmig, erhaben, beim Soundcheck für Techniker befunden, fast Glatze, Uniform aus einstelligem Jahrhundert, Trainingshose) nichts zu tun hatte. Oder auch, dass es eines der berührendsten Konzerte ever war.

(Hinweis am Rande, especially auch für waldar: Ohren auf für das nächste Botanica-Album!)

Paul Armfield & The Four Good Reasons – 09.11.05


Wie schon bei seinem ersten Gastspiel in Wien vor einem Jahr war das nicht sehr zahlreiche Publikum am Ende doch voll und ganz dem Charme und diesem wunderbar düsteren Folk des Herrn Armfield völlig verfallen. Die Isle of Wight zu Gast in Wien.

Paul Armfield kommt von dieser utopischen Insel südlich von England, wo es schätzungsweise so viele Pubs wie Einwohner gibt. Wo jeden Abend Freund und Feind, Alt und Jung, Trauer und Freude sich auf der Bühne zu treffen, um etwas zu tun, was hier den holprigen Namen »Jam-Session« trägt. Bei der Unmenge an Musik, die in diesen Pubs entsteht, wundert es nicht, dass sich immer wieder mal ein Talent herausbildet, das in die Welt hinauswill.

Die musikalische Bürde dieser Insel war schon seit 1968 festgelegt, als in drei aufeinander folgenden Isle of Wight-Festivals quasi das mythenumrankte europäische Woodstock erschaffen wurde. Es erreichte 1970 den absoluten Höhepunkt, übertraf Woodstock vermutlich an Zuschauern und erfuhr Jimi Hendrix’ letzten öffentlichen Auftritt. Heute werden vor allem The Bees oder noch aktive alte Helden von damals – wie The Pretty Things – herangezogen, um diese Freundeskreise zu erforschen. Paul Armfield kam mit seiner vierköpfigen Begleitband (allesamt natürlich befreundet oder gar streckenweise involviert in die Bandhistory jeder anderen Band von dort) vor einem Jahr in unser Blickfeld, als das Debüt »Songs Without Words« erschien. Das Konzert in der Szene Wien war sehr schlecht besucht, aber wurde sehr frenetisch gefeiert. Paul Armfields unglaubliche Verschmelzung von Folk Noir mit einer witzig-sympathischen Herangehensweise an die gefühlte Melancholie von Tir Na Nog ließ einem keine Wahl. Witz und Charme seiner Band, Chaoten und Profis zugleich, waren das i-Tüpfelchen.

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Nach dem Release des zweiten Albums »Evermine« stand das Konzert im B72 dem in der Szene um nichts nach. Zwar unbestuhlt, aber doch gemütlich. Mal ausgelassen und wild, mal ruhig und zum Heulen traurig. Ein unbezwingbarer Kontrabass, Armfields bärige Stimme, eine verrückte Ziehharmonika, träumerische Keyboardflächen und eine Prise Gitarre, Mandoline, Banjo. Was halt so herumliegt, auf der blümenbeschmückten Bühne. Als volle Performance ein eindrucksvolles Erlebnis. Später erzählt Armfield noch, dass er, als er letztens in Wien für die Go-Betweens eröffnet hat, sehr nervös war. Er war alleine. Wie kaum wer anderer machen Paul Armfield und seine vier guten Gründe auch klar, dass Musik eben doch nicht einsam funktioniert. Wer diese Leute nach dem Konzert nicht umarmt hat, war selber schuld.

Final Fantasy – 11.10.2005


Image Hosted by ImageShack.usWie bringt man Arcade Fire, Von Spar, Hidden Cameras, Bloc Party und Joanna Newsom unter einen Hut? Mit einer Violine, einer Stimme, einem Sampler und einer Prise Schlagzeug.

Owen Pallet beschloss Final Fantasy zu gründen, als Patrick Wolf eine Vorband brauchte. Toronto, Kanada ist der Ort der Begegnung, in jenem wöchentlichen Club, der auch Peaches und Broken Social Scene hervorgebracht hat. Owen Pallet begegnet uns zum ersten Mal im Mai, als er für eine andere kanadische Band aus Montreal eröffnete: The Arcade Fire, deren zweiter Live-Violinist er auch gleichzeitig war. Die Unvergesslichkeit jenes Abend ruhte auch unter anderem in seiner grandiosen Eröffnung: 30 Minuten träumerische Brillanz. Ein junge, eine Geige und Loops.

Mittlerweile hat Owen Pallet sein Solo-Debüt alias Final Fantasy veröffentlicht. »Has A Good Home« heißt es, und wirkt vielleicht stellenweise etwas brüchig-verstiegen, aber trotzdem elegant. Patrick Wolf ist als Referenz klar zu erahnen, den Europavertrieb übernimmt gleich Tomlab, wobei es nicht erstaunt, dass hin und wieder (vor allem, wenn Pallet kurz auzfschreit) Xiu Xiu auch rauszuhören ist. Bei Tomlab begegnet er dann auch Jan Philipp Janzen, seinem jetzigen Tour-Schlagzeuger. Der Herr, der sonst bei der derzeit vielleicht besten deutschen Diskurs-Punk-Electro-Wasweißichwas-Band Von Spar den Beat auf den Tanzboden hämmert. Eine Brücke von Köln nach Toronto und über ungefähr siebzehn musikalische Welten drüber ist hier also ein Leichtes.

Die Songs des Albums klingen natürlich live kleiner, nicht so überladen, weil Pallet einfach nicht die ganzen Album-Spuren gleichzeitig spielen kann. Aber in dieser Kleinheit, und in seiner unwiderstehlichen Sympathie liegt der Glanz von so kleinen Gigs verborgen; das ausverkaufte rhiz versank immer wieder in Momente andächtiger Stille, um das zu begreifen, was vorne geschah. Jubelschreie entlockten die Coversongs von Joanna Newsom oder Bloc Party (deren »This Modern Love« erst von Pallet von seiner Langweiligkeit befreit wurde), und Janzens spärlicher Schlagzeugeinsatz war das Fünkchen Abwechslung, das ein Konzert mit nur einem melodischen Instrument braucht.

Jemand, der für Arcade Fire oder die Hidden Cameras nur zweite Geige spielte wird also als eigenständiges Popensemble von Tag zu Tag größer. Schauen wir dem Wunderknaben auch in Zukunft zu, wenn er unsere Träume vertont.

Washington – 04.10.2005


Jenseits des Polarkreises, im hohen Norwegen, zogen vier Jungen aus, um mit ihrer melancholischen Gitarrenmusik Schwerfälligkeit in ihrer pursten Form einzufangen. Still und nachdenklich war der Abend trotzdem nicht immer.

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Washington ziehen sich dahin. Ihre Songs leben von der Länge, von dem Tonnenschweren Ballast, von Ärger über die Schnelligkeit der Welt. Es kann selbstverständlich nicht oft genug betont werden, dass Coldplay stilistisch ihre Finger NICHT im Spiel hatten. Washington zeichnet eine jugendlich-sanfte Erdigkeit aus, die sich sehr schwer fassen lässt, und immer wieder dem Betrachter zu entschwinden droht.

Famos an ihnen sind die Momente, wo sie losbrechen, wo die Stücke orkanartig schneller werden und in einem Rausch an Akkorden glanzvoll untergehen, was ihnen natürlich die ansonsten nahe liegenden Vergleiche zu Rufus Wainwright oder Radiohead kaputt macht. Schließlich ist eines der Probleme dieser Band, dass der Sänger gerne Thom Yorke wäre, aber die Eskapden der Stimmhöhen bewusst oder nicht meidet – was eine schiefe Optik erzeugt (oder erzeugen will).

Es bleiben also die Momente, wo sie zeigen, dass sie eigentlich Rocker sein wollen. Und auch wenn das nur zwei oder drei Nummern auf dem Debüt »A New Order Rising« sind, könnte es sein, dass wir diese Band eines Tages genau deswegen lieben werden. Und wenn wir mal wirklich, wirklich am Boden sind, bleiben immer noch diese wunderschönen, elegischen Emotionsgranaten, die sie uns winselnd zuwerfen und auf den Bühnen mitsamt einer wunderbaren elektrischen Zither vortragen, die uns – auch wenn oft belanglos – doch irgendwo auch berühren könnten. Irgendwo. Irgendwann.

John Wayne Shot Me + Saint Thomas – 03.10.2005


Holland und Norwegen wurden quasi notgedrungen aufgrund der Schließung des Couchuc zu einem wunderbaren Abend zusammengewürfelt. Indie-Rock meets Indie-Country, mit viel Spaß und noch mehr Ausgelassenheit.

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John Wayne Shot Me sind eine dieser kleinen, oft übersehenen Bands. Indierock mit wunderbar jugendlichen Songs, einem piepsenden Gameconsole-Keyboard und einem kleinen Roboter-Astronaut, der in der einen Hand die EP und in der anderen Hand das Album in very professional Merchandising-Manier anbietet. Rot leuchtende Augen inklusive, und: am Bühnenrand sitzend, selbstverständlich. So sympathisch und elegant das Auftreten dieser jungen Menschen war, so waren auch ihre Songs, wenn z.B. »Let Sleeping Monsters Sleep« diese unwiderstehliche Keyboard-Melodie in dein Ohr setzt, die dich dann den Abend nie mehr loslassen wird. Oder wenn der Song so klein und leise funktioniert, dass der Schlagzeuger einfach aufsteht und eine Runde durchs Publikum dreht, während er weiter singt, jeder den Text versteht und auch jeder (wirklich jeder: auch die hinten an der Bar, nicht nur die ersten drei Reihen!) besucht wird. Die Band wird dann zum hemmungslosen Triumphator. So klein und so bescheiden und doch so wundergut sollte wir uns die heutigen Modest Mouse-Superlative wünschen.

Saint Thomas aus Norwegen ist als Songwriter der besonders lustigen Schule bekannt, und führte den Abend mit einem fröhlich gestimmten, countryesque-getunten Konzert zu Ende. Auch hier schien die Interaktion mit dem (leider nicht sehr zahlreichen Publikum) ein wichtiger Part der Spielfreude zu sein, immerhin waren alle drei auf der Bühne zu zahlreichen Scherzen und Wohlbefindlichkeitsbekundungen bereit. Im Endeffekt sollten wir froh sein, dass es Bands gibt, die Humor mit ihrem Spiel so verbinden können, dass die Liebe zum Song, sei er auch manchmal leidend, immer leidenschaftlich gefeiert wird.

The Walkabouts – 18.09.2005


Huch, ganz vergessen...

Dass die Walkabouts aus Seattle mit ihrer über 20-jährigen Bandgeschichte stilprägend für Americana/Alternativen Country waren, hindert sie nicht daran, noch heute relevante Alben wie »Acetylene« aufzunehmen. Zu Gast im WUK bewiesen die Songs zeitlosen Charakter und die Band Sympathie en grande. »Fuck Your Fear«!


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Sie werden die ewigen Go-Betweens-Vergleiche schwer los. Sie werden auch das Image schwer los, damals, als Seattle Nabel der Rock-Welt war, als einziger Non-Grunge-Act auf Sub Pop zu erscheinen. Was also die Walkabouts alles nicht waren stand meist im Vordergrund dessen, was sie waren. Z.B. eine der Bands, die den Erfolg von Glitterhouse Records nach deren Stilwende zu Alt. Country hin mitprägten. Und eine der beständigsten und sich trotzdem immer weiterentwickelnden Immer-zweiten-Reihe-Bands der letzten zwei Jahrzehnte.

Carla Torgerson und Chris Eckman, das Hauptduo an den Gitarren und Gesangsmikros, ist dementsprechend eine gewisse Altehrwürdigkeit anzusehen, wenn sie verspielt lächelnd die Bühne betreten. In diesem Moment kulminieren die ganze Energie und das Wissen dieser Band in einem schäbig-schrägen Gitarrenakkord, der repetitiv-hypnotische Wüstenbilder und bleischwere Gedankenfetzen (über Wilco vielleicht?) heraufbeschwört. Der Opener des aktuellen Albums »Acetylene« trägt textuell aber das Gegenteil heran: »Don’t hesitate. / Fuck Your Fear!« Wenn ein Walkabouts-Konzert mit einem solchen Song anfängt, ist quasi für alles vorgesorgt. Dieses tonnenschwere Monument ist ein schlichter Triumph von Menschen, die daran glauben, mit jedem Lied wieder eine neue Barriere durchbrechen zu können. Und es dann auch schaffen.

Die luftigeren, lockeren Stücke sind ebenso spannend/erfrischend wie die trüben, schweren Nummern belastend. Der Mix ist gut, und vor allem Terri Moeller am Schlagzeug gibt den Songs eine unwiderstehliche Struktur und Dynamik. Sogar nach zwei (oder waren es doch drei?) Zugaben hat das Publikum nicht genug. Danach kann man immer noch darüber streiten, ob die Walkabouts R.E.M. oder umgekehrt mehr beeinflusst haben. Oder ob die Go-Betweens-Vergleiche wirklich unberechtigt sind.

>> Download: Fuck Your Fear

.txt goes mos IV: Samstag


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Erstaunlich wenig verkatert startete der Samstag mit einem eher traurigen Frühstück auf der Deutzer Hauptstrasse (naja, das, was die Deutzer so Hauptstrasse nennen). Traurig weil sich auch nach einer halben Stunde Suche nur Tschibo- und Kamps-Filialen als Cafés anboten. Der Niedergang der Frühstückskultur durch geschmacklos eingerichtete Massenabfertigungsläden. Neben mir bevölkerten vor allem Omas und übel riechende Hosenträgerträger die deprimierende Stätte. Also schnell Brötchen, Croissants und Kaffee runtergeschlungen, die neue brand eins (Titel: »ARBEIT. Nie wieder Vollbeschäftigung«: Yeah!) am Bahnhof besorgt und ab auf’s noch leere Festivalgelände. Dort dann in angenehm wärmender Sonne die neuesten Arbeitsverweigerungsstrategien inhaliert und Hund am Strand beim soundchecken zugeschaut.

Die geschätzt fünfzig Leute, die sich dann schließlich zu Beginn des Programms für Hund am Strand vor der Bühne versammelten, schienen ob der Darbietung ähnlich gelangweilt wie ich. Das freundlichste Adjektiv mit dem dieser Auftritt noch zu bescheiden wäre: nett. Ziemlich verkrampft war das Ganze dann tatsächlich und erinnerte daran, dass da jemand gerne die frühen Blumfeld gehört hat und nun seine Zulassungsbescheinigung zur Hamburger Schule verlegt hat. Naja, aber nett waren sie.

Benjamin Diamond war dann auch eher Richtung medioker tendierend. Nette Musik für nette Menschen mit netten Absichten. Da konnte der gute Mann noch so sehr schwitzen, gekitzelt hat mich da jar nüscht. Vielmehr schien da ein Profi sein Profiprogramm abzuspulen, inspiriert geht anders. Bot mir aber immerhin die Ausrede, das erste Bier des Tages zu trinken. Langweilige Musik macht mich Alkoholiker.

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Den ersten Lichtblick des Tages bot dann aber die am Vortag noch als »Amy« (?!) angesagte Annie, die mit den Op:l Bastards als Knöpfchendreher und Pornobrillenträger schön vor sich hingroovte. Ein wenig arg schüchtern wirkte sie schon, wie sich sich so an ihrem Mikroständer festklammerte, war mir dann aber lieber als das professionelle Entertainment des Herrn Diamond. Genau wie im letzten Jahr T.Raumschmiere hätte ich ihr aber eher einen Auftritt im Club gegönnt (abends im Gebäude 9 als Ersatz für Hund am Strand zum Beispiel). Der Tanzlust des Publikums hätte es bestimmt nicht geschadet.

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Ladies and Gentlemen, Auftritt Hard-Fi. Oha. Waren mir nur durch zwei Songs bekannt, die ich jetzt nicht sooo umwerfend fand. Aber hallo, großer Irrtum. Manchester Rave is back und hat was Feines mitgebracht. Die letzte Restmüdigkeit wurde mir spätestens mit dem formidablen »7 Nation Army«-Cover aus den Knochen gerockt. Erinnerte mich teilweise sehr an Oasis, als deren Arroganz noch nicht so ganz Selbstzweck war und sich noch auf gute Songs stützen konnte. Manchmal etwas sehr Stadionrock, aber alles noch in vertretbaren Dosen. Sehr fein.

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Tomte (Blog) sind ja ne sichere Bank. Da können sie noch so schlecht abgemischt werden (wie diesmal), da können noch so viele Saiten zu Bruch gehen (wie diesmal) und Kabel geknickt werden (wie diesmal); sobald Thees ins Publikum schnoddert, ist Sonnenschein angesagt. Zwei neue Songs gab’s zu hören, »New York« und irgendwas mit Arbeitstitel »Angela Merkel, blablabla«, schien mir beides gewohnt gute Tomte-Kost zu sein, viel mehr kann ich aufgrund des üblen Sounds aber nicht rekonstruieren. Thees hielt nach Bekannten im Publikum Ausschau (»Ah, der Venker, der schaut wohl so böse, weil ich ihn nicht zurückgerufen habe« etc.) und beschied einem sich anbiedernden Zuschauer »Dich kenne ich nicht. Du hast mir doch höchstens mal inner Kneipe Feure geben dürfen.« Haha. Tomte eben. Sichere Bank.

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Maximo Park. Hallo? what’s the fuzz all about?

Saint Etienne hatte ich nun ganz anders im Kopf. Meine Synapsen bitte mir da Verküpfungen zu sanft housig und Chanson an, davon war aber nicht viel zu spüren. Nicht, dass es schlecht gewesen wäre. Aber wenn man gegen Ende des Auftritts meint, lediglich einen Song gehört zu haben, stimmt etwas nicht. Abwechslung scheint deren Sache nicht zu sein und der Glamour und Glitter, den das Shirt (?) von Madame Etienne versprach, konnte ihre zu leise Stimme dann nicht halten. Bonus allerdings durch Sonnenuntergangs-Stimmung und allgemeine Blue-Hour-Mood meinerseits.

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Nun stand zur Wahl: Gebäude 9 mit den schon morgens als belanglos gebrandtmarkten Hund am Strand oder Kunstwerk mit Areal / Sender / Freude am Tanzen-Label-Party feat. Basteroid, Metope, Wighnomy Brothers und weiteren Freaks.

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Nach einer sehr leckeren Pizza in der empfehlenswerten Lokalität gegenüber des G9s, die uns von zwei etwas, nunja, verwirrten Oberinnen (?) serviert wurde, entschieden wir uns nach dem ganzen Indie-Gitarren-Overkill für letzeres. Während Upstairs irgendwelcher Drum’n’Bass-Kram (mit allerdings sehr schönen Visuals von Lichtsport, Köln und Notch & Bead, Berlin) wütete, füllten sich Downstairs die Katakomben sehr rasch. Es darf geschwitzt werden. Meine Güte, war das heiß. Die Soße tropfte von der Decke in die Augen und nahm einen das letzte bißchen Augenlicht. Macht aber nix, man hatte ja ohnehin nicht mehr Ausblick ausser den zwei Quadratzentimetern Nacken des vor einem Tanzenden. Ja, es war voll. Und so laut, dass ich irgendwnn auch nicht mehr vermochte, irgendwelche (natugemäß sowieso rar gesähten) Feinheiten im Soundmischmasch auszumachen. Egoexpress’ Überhit »Knartz IV« lief, »Rabimmel« natürlich und »Against Luftwiderstand« konnte ich auch noch ausmachen. Und ab dann fragte ich mich stets nur noch, ob es sich nun um extrem ekeliges Phasenpiepsen oder doch um einen Tinnitus handelte.

Nun gut, wir überstanden das ganze dann doch noch geschützt durch Betonwände im Nebenraum, tratschten über dies und das und verließen dann irgendwann das nicht leerer werden wollende Kunstwerk. Während die anderen sich auf zum Deutzer Bahnhof machten, beschloß ich doch noch mal eben bei A chim durchzuklingeln, der witzigerweise noch ebendort verweilte, wo wir gerade rausgekommen waren. Egal, nach Hause jetzt, Schlaftüte gepackt und die Zugfahrt komplett durchgeschlafen.

Danke, Markus. Danke, Spex. Looking forward to c/o Pop 2006.

[Und danke für die Photos, Eike.]

.txt goes mos III: Spread the word


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Was die anderen so schreiben:

Mitzi, die am Samstag das Gebäude 9 während der Aftershow-Party beschallte (und laut Eigenaussage leerspielte, was ich ihr aber nicht glaube), hat einige Bilder gemacht.
In den Foren von Intro und der Spex (auf Frameset laden klicken) gibt es einige Zeugenaussagen.
Johnny spricht wahre Worte: »Mit der SPEX verhält es sich wie mit der taz: Dauernd wird drüber gemeckert, aber wenn es sie nicht mehr gäbe, wäre das Geheule groß.« Ganz viele Fottos hatter auch noch gemacht. Brav.
Weitere Bilder gibts bei Fred, The Last Beat (dort auch Bilder von der Kompakt-Sause) und von Emily, der es wohl auch gut gefallen hat, wenn ich das richtig interpretiere.

.txt goes mos II: Freitag


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Das war’s also. Meine Güte, war das schön. Nicht nur die Musik – das wäre bei dem Lineup ja auch zu erwarten gewesen – und das Wetter, das dann tatsächlich gehalten hat, was uns der Wetterbericht versprochen hat. Schön war es vor allem, so viele nette Menschen zu treffen, die man sonst nur aus dem Forum kennt. Roland, Marko, Katja, Theresia, Susanne, Frank, Andreas, Snoek, Markus: Ihr seid alle super, Leute! Danke für zwei schöne Tage und Nächte.

Und das ging musikalisch:

The Go! Team haben mich live dann doch noch überzeugt. Und wie. Die Phaser auf Energie gesetzt, geht der Trend eindeutig Richtung Zweitschlagzeug. Und das alte Harmonicum wurde auch noch entmottet. Lediglich dieses peinliche »Say Yeah! Let me hear you! I wanna see you dance!« und andere Publikumsmotivationsübungen könnte man sich in Zukunft schenken (auch wenn das britische »daaance!« immer noch way sexier klingt als das amerikanische »dänz«). Wir sind doch nicht bei Manowar. Unddankbar war allerdings der Status als Festivalopener. Lediglich ein paar Gestalten hatten sich bereits auf dem Platz eingefunden und so richtig vermochte der Funke wohl noch nicht bei allen überzuspringen. Prädikat: Überaus tanzbar.

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Hot Hot Heat waren dann mal so richtige Langweiler. Leider hat sich meine Befürchtung des One-Album-Wonders bewahrheitet. Von »Make Up The Breakdown« war da nicht mehr viel zu spüren. Völlig uninspiriert das.

The Arcade Fire aber holen dann so ziemlich alles raus. Der schiere Wahnsinn. Und ich meine Wahnsinn, nicht nur nett-und-a-bisserl-verrückt, nein: Wahnsinn. Wieviele Menschen waren da jetzt auf der Bühne? Wieviele Instrumente kamen zum Einsatz? Und wer benutzt eigentlich Motorradhelme (und wahlweise den Kopf des Gitarristen) als Percussionersatz? That’s entertainment, boys and girls.

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Zum Abschluß des ersten Tages dann noch Dinosaur Jr. und die Bestätigung (Achtung, jetzt mache ich mir Feinde), dass man manche Bands einfach mal begraben sollte, wenn sie schon so komisch riechen wie diese. Sowas braucht doch keine Sau. Und nein, ich will auch kein Bad-Hair-Revival, verdammt.

Also auf ins Gebäude 9, wo uns ein gefühlt 135 minütiges Intro auf die Stars vorbereitet. Und damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet. Denn was auf der Platte noch nett und symphatisch und okay und ganz gut klingt, ist live dann doch nicht viel weniger als eine Offenbarung, die das gesamte Publikum im übervollen G9 innerhalb von zwei Minuten völlig für sich einnimmt. Und auch wenn es inzwischen schon halbtot zitiert wurde, für Sätze wie »When there's nothing left to burn / you've got to set yourself on fire« muss man die Band einfach lieben. Übrigens kann man sich vom Charisma der Australier Kanadier heute abend um 21.00 Uhr via Webstream selbst überzeugen. Der Auftritt in Amsterdamer Paradiso wird hier live gestreamt.

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Der zweite Tag folgt später …

Bonnie »Prince« Billy – 11.08.2005


Als Will Oldham die Bühne betrat, schien die an sich vorhandene Hitze im Saal förmlich zu explodieren. Aber von nun an hieß sie »Wärme«.

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Wir müssten uns allesamt ziemlich anstrengen, wenn wir versuchen würden, das Schaffen dieses Herrn in irgendeiner Art und Weise zu relativieren. Will Oldham hat – sei es als Palace Songs, sei es als Palace Brothers, oder sei es eben als Bonnie »Prince« Billy – ein paar der berührendsten, wichtigsten und schlichtweg unter-die-Haut-gehendsten Alben der letzten 15 Jahre geschrieben. Wo ihm als Querdenker das Querdenken von Folk, Alt-Country, Songwriterism und trocken-herzhaftem Nahegehen im Inhalt gelingt, da scheitern gar zu oft unsere Rezeptoren für diesen sensiblen, brüchigen, verführerisch zarten Cocktail. Will Oldham hat uns immer schon zu viel bedeutet, als dass wir ihn heute einfach ignorieren könnten.

So ist es doch schlicht ein besonderes Erlebnis, wenn der Herr uns besuchen kommt. Sein kauziges Auftreten erscheint dabei mindest ebenso ergreifend zu sein, wie seine sympatischen Sidemen, die Band um ihn herum, allen voran Matt Sweeney, der mit ihm das letzten Album »Superwolf« geschrieben hat. Oldham bedient abwechselnd Gitarre und Keyboard, verbringt aber die meiste Zeit in den endlosen Lyrics seiner Songs, die mal eigenbrötlerisch-grotesk, mal ganz fragil und mal ganz wuchtig-scheppernd ausfallen. Dieser Moment der Überraschung, wenn so ein Song-Monolith auf einmal aufhört, diese Stille, die daraufhin im Publikum entsteht, bis zum ersten Atemzug danach (das wirkt wie Jahre später!), diese Sekunden sind live ohne Frage das vielleicht berührendste und schönste, was ein Künstler seinen Gästen schenken kann. Oder ein Gast seinen Gastgebern.

Dass man trotz der Themen dieser Songs, trotz ihrer Einsamkeit, ihrem Schmerz, ihren Trennungen und Enttäuschungen mit einem Lächeln, mit soviel Wärme im Herzen aus dem Saal geht, spricht nur für sie. Dass wir eine der unfassbarsten »I See A Darkness«-Versionen ever erleben durften, sprach für den Abend. Und dass jeder – wirklich jeder – im Saal diesen Abend nie vergessen wird (right?), spricht für diesen Menschen. Danke, Will Oldham.

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